Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Die Wahrheit über meine Ehe.“ Mit dieser Überschrift lockte vor kurzem eine Serie in einem Frauenmagazin. Da kam dann alles ans Licht. Nach außen liefen die Ehen tipp topp. Häuschen im Grünen, Kinder und sogar Kindermädchen, Urlaub in der Luxusklasse, gut verdienende Ehepartner. Aber schaute man dann hinter die Kulissen, war´s die Hölle. Er schlug sie, sie schlug ihn. Mal ging die Frau fremd, mal der Mann. Sie hassten sich und missachtete einander. Ja, sogar ein Pfarrerehepaar war dabei.
Alles, was man unter der Überschrift „Die Wahrheit über meine Ehe“ lesen konnte, zeigte wieder einmal: Ehen sind hochriskante Unternehmungen. Aber mehr noch: Hier wurde deutlich, was wir „die Wahrheit“ nennen. Die Wahrheit ist das Verborgene. Oftmals Bizarre, Schmerzliche. Der Schein ist angenehm und schön. Aber eben falsch. Er trügt und blendet. Was hinter dem schönen Schein steckt ist grauselig, hässlich, verstörend, erschreckend. Aber eben wahr. Wahr scheint vor allem das Abgründige im Menschen zu sein, nicht das Normale, nicht das Alltägliche, und vor allem nicht das Freundliche. Aber ist das nicht ein merkwürdiger Begriff von Wahrheit, den wir da haben?

Jesus spricht ganz anders von der Wahrheit. Wenn er von sich sagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, dann müssen wir nach dieser Wahrheit nicht lange buddeln. Die Wahrheit eröffnet sich uns wie ein Weg. Sie zeigt sich wie das Leben. Nur weil etwas schlecht ist und verstörend, muss es noch lange nicht die Wahrheit sein. Einen Sportler beurteilen wir nicht nach seinen schlechtesten Leistungen, sondern nach seinen besten. Wenn ein Fußballer an einem Tag zwei Tore schießt, beim nächsten Spiel gar keins, und dann auf einmal drei, da sagen wir doch auch nicht. In Wahrheit ist der Mann eine Niete. Dann sagen wir: An dem einen Tag war er nicht gut in Form, da schoss er gar kein Tor. Aber wenn er in Bestform ist, dann ist er ein genialer Torschütze. Die Wahrheit über einen Menschen muss nicht das sein, was er an den fünf schlechten Tagen im Jahr ans Licht fördert. Sie kann auch das sein, was er an den 360 guten Tagen zeigt.
Anstöße
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