SWR2 Wort zum Tag

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28OKT2019
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Demut ist so ein Schlüsselwort, das man lange Zeit nicht hören konnte. Es hatte den Beigeschmack von schlapp und unterwürfig. Neuerdings aber gewinnt es an Konjunktur. Selbst Politiker nehmen es in den Mund. Von Bescheidenheit reden sie, von Umschichtung der Ressourcen, von einer anderen Lebenseinstellung. Dass es so mit der Umweltzerstörung nicht weiter gehen darf, sieht ja jeder. Und wer es nicht sehen will, kriegt es zu spüren durch Orkane und Dürre. Demut also – ein Grundwort alter Ethik und christlicher Mystik - gewinnt Konjunktur. Aber das meint nicht nur das Zurückfahren von Ansprüchen und Bedürfnissen, es ist etwas höchst Kreatives. Und es führte zu einem besseren Klima, im Umgang miteinander und in der Natur.

Demut „heißt, die Wirklichkeit nicht in Beziehung auf uns zu erleben, sondern in ihrer heiligen Unabhängigkeit.“ So notierte Dag Hammarskjöld in sein Tagebuch, dieses reichhaltige Dokument tiefer Spiritualität. Der UNO-Generalsekretär, unermüdlich in seiner weltweiten Friedensarbeit, nimmt die Tugend der Demut beim lateinischen Wortsinn: humilitas, humus, geerdet sein, auf dem Teppich bleiben, auf den Boden der Tatsachen kommen, vor allem nicht egoistisch „in Beziehung auf uns“. „Einfachheit heißt“, so schreibt er vor 6o Jahren: „Einfachheit heißt sehen, urteilen und handeln von dem Punkt her, in welchem wir in uns selber ruhen. Wie vieles fällt da weg! Und wie fällt alles in die rechte Lage.“ Der UNO- Politiker Hammarskjöld kennt die Machtspielchen auf dem politischen Parkett, die gierige Eigendynamik wirtschaftlicher Interessen. Doch für ihn sind Demut und Einfachheit angesagt. Nur dann kommen wir heraus aus der Krise. „Die heilige Unabhängigkeit“ der Dinge, das Eigenrecht der Kreatur, die Lebensordnung gesunden Klimas und nicht vermüllter Meere, und damit gesunder Luft. Nochmal weiter in Hammarskjölds Notiz. „Im Zentrum unseres Wesens ruhend, begegnen wir einer Welt, in der alles auf gleiche Weise in sich ruht. ... Für den Einfachen ist das Leben einfach, aber es öffnet ein Buch, in dem wir über die ersten Buchstaben nicht hinauskommen.“ Nach Hammarskjöld meint Demut also einen staunenden, friedfertigen Umgang mit sich und mit allem. Nichts egoistisch auf sich beziehen, die Dinge sehen “in ihrer heiligen Unabhängigkeit“ – dann gerät alles in Ordnung. Das Klima bessert sich zum Guten, das politische und soziale, und jeder Tag beginnt mit Dank und Zuversicht.

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