SWR2 Wort zum Tag

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Ist man als Außenstehender einfach nur machtlos? Kann man gar nichts dagegen tun. Man könnte es meinen. Nicht einmal Gott gelingt es anscheinend, den Ausbruch von Jung-Männer-Gewalt zu stoppen, nachdem sie erst einmal innerlich frei gesetzt worden ist.
In der Geschichte von Kain und Abel erzählt die Bibel davon auf beängstigend aktuelle Weise. Gottes Versuch, dazwischen zu gehen, prallt ab. Sie erinnern sich an beiden jungen Männer? Sie gehören nicht zu verfeindeten Gangs, auch nicht zu verschiedenen Nationen oder Kulturen, Brüder sind sie. Und trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, weil sie einander so nah sind, geschieht es:
Beide, sind als Bauer und der Schäfer durchaus erfolgreich, und doch wächst in Kain das Gefühl, auf dem anderen liegt Segen, und auf mir? Er ist der Liebling und ich?
„Da überlief es Kain ganz heiß und sein Blick senkte sich.“ Erzählt die Bibel. Kain fühlt sich zurückgesetzt, gedemütigt. Die Wut packt ihn. Gott versucht, den Ausbruch zu unterbinden.
„Der Herr sagte zu Kain: Warum überläuft es dich heiß und warum senkt sich dein Blick? Nicht wahr, wenn du recht tust, darfst du aufblicken; wenn du nicht recht tust, lauert an der Tür die Sünde als Dämon. Du, aber, werde Herr über ihn!“ --
Kain kann sich nicht beherrschen. Er schlägt zu.
Vielleicht ist das auch heute oft Ursache für Gewaltausbrüche: Das Gefühl weniger zu sein als andere, sich gedemütigt zu fühlen. Mangelnde Achtung von anderen, aber auch mangelnde Selbstachtung versucht mancher zu überwinden, indem er andere beherrscht und demütigt.
Kain, so legt die Geschichte nahe, könnte seinen Ausbruch verhindern. Aber dafür bräuchte er in sich eine Gegenkraft, die ihm hilft, die erlittene Kränkung aus zu halten. Und die stärkste Gegenkraft ist Selbstachtung.
Und ich glaube, hier ist ein Punkt, wo man viel von außen gegen Gewalt tun kann. Wenn man Kindern und Jugendlichen zu innerer Selbstachtung hilft, indem man sie achtet und ihnen das Gefühl entdecken hilft: „Ich bin jemand, ich kann etwas.“
Ich erinnere mich an einen meiner Schüler. 15 war der damals. „Ich, ich kann nichts“ hat er gesagt. Bitter und ganz ernst. Manchmal war er wütend auf die anderen, und oft auf sich selbst. Und dann hat ihm die Klasse vorgerechnet, was er alles kann. Wie liebevoll er zB. auf seine kleinen Geschwister aufpasst. Er war ganz erstaunt, dass die anderen gut fanden, was ihm eher peinlich war. Ich glaube, man kann etwas gegen Gewalt tun, wenn man Jugendlichen zur Selbstachtung hilft.
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