Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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12OKT2019
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In Deutschland leben etwa 18 Millionen Menschen allein. Ein knappes Viertel der gesamten Bevölkerung. Es sind verwitwete, ledige, geschiedene und getrenntlebende Alleinstehende. Im Volksmund: Singles. Vor allem die Katholische Kirche tut sich mit ihnen schwer. Sicher: Die Kirche kennt zölibatär lebende Frauen und Männer. Doch sonst kommen in der Kirche fast ausschließlich Partnerschaften in den Blick. Schließlich heißt es ja auch in der Bibel: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.“ (Gen 2,19) Und so gibt’s in der Kirche vor allem Angebote für Familien, für Kinder und Jugendliche.

Doch seit ein paar Jahren denkt die Kirche hier um. Zwei Aspekte sind wichtig.

Erstens. Jeder Mensch, so heißt es in der Bibel, ist ein Ebenbild Gottes. Jede und jeder ist ein für sich wertvoller Mensch. Und nicht erst in Beziehung. Provokant gefragt: Ist vor Gott nicht jeder Mensch ein Single?

Zweitens. Oft wird übersehen: Jesus, die zentrale Figur christlichen Glaubens, ist Single. Obwohl damals Familie der Standard war. Mehr noch: Jesus kennt das Allein-Sein und sucht es auch. Er geht in die Wüste, zieht sich ins Gebet zurück. Umgekehrt pflegt Jesus vielfältige Beziehungen: Er sucht den Kontakt zu anderen, lädt sich zum Essen ein, feiert mit Freunden.

Das heißt: Es ist falsch, Singles in den Kirchengemeinden auszugrenzen. Es gehört schließlich zu der christlichen Botschaft dazu, Menschen ganz unabhängig von ihrer Lebenssituation und Lebensform anzunehmen.

Singles können außerdem an all die alleinstehenden Menschen erinnern, die in der Geschichte des christlichen Glaubens wichtig und bedeutend waren. Ein Franz von Assisi oder eine Mutter Theresa waren Singles. Singles ernst nehmen heißt deshalb auch: Ihre Lebensform, ihre Fragen, ihre Themen ernst nehmen. Das ist eine Zukunftsaufgabe des Glaubens – und der Gesellschaft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29550
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