SWR3 Gedanken

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04OKT2019
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„Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.“ Diese Mahnung ist eine alte jüdische Weisheit. Dass wir gut auf unsere Worte achten sollen, weil sie zu Taten werden. Im Internet, auf den Schulhöfen oder in den Parlamenten ist der Ton rauer geworden. Nein, rau ist noch zu gelinde ausgedrückt. Es geht zu oft enthemmt aggressiv zu, mit hasserfüllten Posts, verletzenden Sprüchen oder boshaften Zwischenrufen. Vor kurzem hat das Landgericht Berlin sogar schlimmste Beleidigungen gegen die Politikerin Renate Künast als Meinungsfreiheit durchgehen lassen. Das geht gar nicht, das darf überhaupt nicht sein. Wo Menschen guten Willens Hasssprache erleben, müssen sie dagegenhalten. Friedlich, deutlich und öffentlich. Weil den Menschen, die so hasserfüllt unterwegs sind, Grenzen gesetzt werden müssen. Damit auch ja nicht der Eindruck entsteht das könnten sie sich erlauben. Nein, das können sie nicht und dürfen sie nicht. Denn aus verbaler Gewalt wird irgendwann reale Gewalt. Die amerikanische Sprachwissenschaftlerin Susan Benesch hat das erforscht und bestätigt die alte jüdische Weisheit. Auf die Frage wie es denn von aggressiven Worten zu wirklicher Gewalt kommen kann, hat sie geantwortet:

„Es hilft, sich Sprache als ein Spektrum vorzustellen. Die Wahrscheinlichkeit, mit der sie zu Gewalt führt, kann man auf einer Skala abbilden, von niedrig bis sehr hoch. Das Problem ist: wenn eine nur leicht gefährliche Sprache sozial akzeptabler wird, dann wird auch jene Sprache gebräuchlicher, die eine Stufe gefährlicher ist. Das ist wie eine Reihe von Dominosteinen: Wenn der eine fällt, kippt der nächste. Die Hürden zur Gewalt fallen schrittweise.“

Quelle: Der Spiegel, Nr. 47/17.11.2018, S. 144.

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