SWR3 Gedanken

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30SEP2019
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„Ich wäre ja dumm, wenn ich nicht auch an den Meistbietenden verkaufen würde.“ Das hat mir ein junger Mann bei einer Geburtstagsfeier gesagt, als wir über die explodierten Immobilienpreise gesprochen haben. Wie selbstverständlich er das gesagt hat, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Das Meiste rauszuholen ist demnach klug und das nicht zu tun also dumm. Es ist also klug wenn, wenn Vermieter in Tübingen für eine 1 oder 2-Zimmerwohnung mit 40 Quadratmetern 440 Euro im Schnitt verlangen. Vermieter in Stuttgart 500 Euro für dieselbe Größe. Und in München 690. Ist das wirklich klug? Und nicht eher unverschämter Wucher, der nur deshalb möglich ist, weil der Markt wie ein Naturgesetz gesehen wird? Und weil der Staat noch immer nicht genügend eingreift dort, wo die sogenannten Marktmechanismen nichts zu suchen haben: Beim Essen und Trinken, beim Wohnen, bei Gesundheit und Pflege. Sich an Grundbedürfnissen wie diesen zu bereichern ist unverschämt im Wortsinne. Denn eigentlich müssten sich die Menschen, die solch überteuerte Preise verlangen, doch schämen. Sich schämen, weil sie Menschen, die weniger haben als sie, mit überteuerten Preisen für ein menschliches Grundbedürfnis abzocken. Und letztlich ist das nicht einmal klug. Denn wenn sich bei diesen Immobilienpreisen junge Paare es schlicht nicht leisten können Kinder zu haben, dann leidet irgendwann auch genau die Gesellschaft darunter, die ihnen das unmöglich gemacht hat. Und die Gier immer mehr Geld haben zu wollen ist auch dumm, weil sie dazu führt, dass es in München zum Beispiel immer weniger Krankenschwestern oder Physiotherapeuten gibt. Weil sie es sich nicht mehr leisten können dort zu wohnen. Und es dadurch für all die reichen Leute dort immer weniger helfende Hände gibt…

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