SWR3 Gedanken

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29SEP2019
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Haltung gibt Halt, das hab‘ ich schon öfters erlebt. Sei es in Konflikten, wenn es mir gelungen ist ruhig zu bleiben. Oder bei Druck von Vorgesetzten, wenn sie meinten ihre vermeintliche Macht ausspielen zu können. Die waren dann überrascht, wenn sie ein Gegenüber mit geradem Rückgrat erlebt haben. Manchmal fiel sogar ihre scheinbare Sicherheit wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Haltung gibt Halt. Aber wie kommt es, dass es dem einen gegeben ist unbeugsam zu sein und dem anderen nicht? Dazu muss man zuerst mal eine Haltung haben. Ich denke, das ist einem zum Teil in die Wiege gelegt, also ein Stück weit Charakter. Zum anderen Teil denke ich, dass man auch das Glück gehabt haben muss zu erfahren, ein Mensch mit ganz eigenem Wert zu sein, mit einer ganz eigenen Würde. Wenn man von Kindesbeinen an gespürt hat, dass man mit all seinen Schwächen und Stärken geliebt wird. Und dass man als solch ein Mensch immer auf Augenhöhe mit den anderen ist, nicht darüber und auch nicht darunter. Und nicht zuletzt entwickelt man eine Haltung, wenn man erfahren hat, was im Leben geht und was nicht. Durch ein Wertegerüst das Halt gibt wie ein Geländer. Hier kommt mein Glaube ins Spiel. Mein Glaube, dass ich Gottes Geschöpf bin und mich dadurch innerlich aufrecht und geborgen fühle. Selbst in Situationen wie dieser, die eine Schlüsselerfahrung meines Lebens ist: In meiner Schulzeit war ich in einem katholischen Internat. Der Direktor war ein brutaler Schläger. Eigenartigerweise hat er mich nur einmal verprügelt, als ich siebzehn war. Es war ungerechtfertigt und ich blieb aufrecht als ich die Ohrfeigen bekam. Als er fertig war hab ich den Raum verlassen und gesagt ich würde nochmal mit ihm sprechen, wenn er wieder zum Sprechen fähig sei. Als er das war, habe ich ihm gesagt, dass ich sofort das Haus verlassen würde, wenn er mich noch einmal anfasst. Er hat sich entschuldigt und mich nie wieder geschlagen.

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