SWR2 Wort zum Tag

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„Vergebens predigt Salomo, die Leute machen’s doch nicht so“. Von wem das stammt? Von Wilhelm Busch. Vor wenigen Tagen gedachten wir seines 100. Todestages im Januar 1908.
Ich mag ihn nicht nur wegen seines hintergründigen Humors, sondern auch wegen seines realistischen Menschenbildes. Wenig angepasst war er in seiner Zeit: den euphorischen Gründerjahren, in denen man die Ideale eines braven Bürgertums verehrte, das wenige Jahrzehnte später unterging.
Unzeitgemäß ist er auch heute, wo es nicht wenige esoterische und pseudoreligiöse Strömungen gibt, die nichts mehr wissen von den manchmal fatalen Nebenwirkungen menschlichen Handelns.
Wilhelm Busch wollte die Wahrheit sagen - und entdeckte dabei, dass das menschliche Herz ein Abgrund ist. Mit spitzer Feder, zeichnend und dichtend, stellte er dar, was ihm an seinen Zeitgenossen auffiel. Manche Frömmigkeit entlarvte er als Heuchelei, manche Moral als verlogen.
Sich selbst verstand er keineswegs als den guten Dichter, der die böse Welt kritisiert. Anders herum. Er wusste, dass das menschliche Herz nur in Ausnahmefällen das ist, was es zu sein vorgibt, oft genug aber hinterlistig und auf Eigennutz bedacht.
„Vergebens predigt Salomo, die Leute machen’s doch nicht so“. Das erinnert an den Satz des weisen Paulus, der davon schrieb, dass er das Gute, was er wolle, gerade nicht tue, sondern das Böse, was er nicht wolle.
Gewiss waren Wilhelm Busch solche Gedanken nicht fremd. Wesentliche Prägungen bekam er schließlich in einem evangelischen Pfarrhaus. Dorthin, zum Bruder seiner Mutter, war er im Alter von neun Jahren geschickt worden.
Letztendlich hatte Wilhelm Busch keine Lösung parat für das menschliche Dilemma. Allenfalls die, die Widersprüche des Lebens in beißendem Humor aufzulösen. Aber er wusste doch etwas von der Unvollkommenheit und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen.
„Ach, der Tugend schöne Werke,/gerne möcht ich sie erwischen,/doch ich merke, doch ich merke,/immer kommt mir was dazwischen“, so dichtete er. Ihm war klar, dass guter Wille allein nicht reicht. Sondern dass etwas dazwischen und dazu kommen muss: die Bitte um Nachsicht, das Verzeihen, etwas, das früher einmal Gnade hieß.
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