SWR2 Wort zum Tag

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11SEP2019
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„Geben ist seliger als nehmen.“  Das ist ein Sprichwort mit vielen Facetten. Es steht in der Bibel. Jesus soll es so gesagt haben (Apg 20,35).

Ganz ohne Ironie oder andere Untertöne: „Geben  ist  seliger als nehmen.“ Wenn Reiche heute große Geldbeträge spenden, werden sie schnell kritisch beäugt. Ganz gleich ob sie Universitäten, gemeinnützige Stiftungen oder den Wiederaufbau der Kathedrale Notre Dame mit hohen Geldbeträgen unterstützen. Schnell stehen Mäzene und Sponsoren unter Verdacht. Wie oft höre ich: „Die tun das doch nur aus Eigeninteresse. Die wollen doch nur Aufmerksamkeit für sich erheischen.“

Ich tue etwas für Andere und tue es zugleich auch für mich? Ist das eigentlich prinzipiell anrüchig? Jesus animiert mit seinem Wort auf eine Weise gerade dazu: Wer etwas abgibt und spendet - tut Gutes, auch zu seinem Glück. „Geben ist seliger als nehmen.“ Wie gut, wenn ich etwas bekomme, empfange.

Nur gibt es offenbar noch eine Steigerung: Beglückender ist es, zu geben. Seliger - also noch mehr von Glück erfüllt  - ist, wer etwas ab-geben, hin-geben und verschenken kann.

Von Menschen mit einem wirklich dünnen Geldbeutel – wo Geld richtig knapp ist – erfahre ich das. Die sagen nämlich: Nicht dass ich mehr brauche, zeigt mir meine Not. Ich komme durch. Irgendwie. Hab´ das gelernt. Klappt schon. Aber das eine fehlt mir und tut mir weh: Ich kann niemanden einladen. In ein Café – zum Essen. Ich kann nichts verschenken. Es reicht gerade – aber nur für mich.“ Das ist wirklich bitter. Wenn man niemand etwas schenken oder von Herzen geben kann.

Von Kindesbeinen an wissen wir, was für ein Hochgefühl das ist, einem Anderen ein Geschenk zu machen. Von der ersten Idee bis zum Blick in die Augen der Beschenkten. Das Besorgen. das Basteln, das Einüben: Sei es ein Bild, eine Musik, oder etwas zum Essen oder Lesen. Das so selige Geben kennt viele Formen – keineswegs nur Geld und Bezahlung. Geben macht Freude. Und macht mich solidarisch mit Schwachen. Darum geht es dabei in der Bibel.

Ich denke, auch deshalb wollen Wohlhabende etwas abgeben. So in New York eine Gruppe, die sich „patriotische Millionäre“ nennt. Sie haben erklärt, sie wollen mehr Steuern zahlen – mehr abgeben. Sie tun es nicht aus Angst oder zähneknirschend. Sondern sie spüren: Das ist gerecht und sinnvoll und fördert ein friedliches Miteinander. Nicht alles für sich behalten! Hin-Gabe erhebt die Seele. Glücklich, wer genug bekommt. Und glücklicher, wer etwas geben kann und gibt.

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