SWR3 Gedanken

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“Hast du wieder getrödelt?“, mit dieser vorwurfsvollen Frage wurde ich als Kind zu Hause empfangen, wenn ich mal wieder länger als nötig für den Schulweg gebraucht hatte.
Getrödelt – dieses Wort ist mir jetzt in einem anderen Zusammenhang begegnet. Es wurden die schönsten deutschen Worte gesucht. Und Trödeln gehört laut der Jury aus deutschem Sprachrat und Goetheinstitut dazu. Vielleicht weil es schon so schön gemächlich klingt: TRÖDELN. Und auch ein wenig verschwenderisch. Und das ist auch laut Duden die Bedeutung von Trödeln: Zeit verschwenden, sich langsam ohne festes Ziel irgendwohin bewegen.
Ich möchte sie nicht missen, die Trödeleien meiner Kindheit. Ohne sie wäre ich sommers vielleicht nie barfuss in einem Bach gelaufen. Und ohne zu trödeln hätte ich vielleicht nie die Schönheit einer Schneeflocke erkannt. Trödeln. Ein Wort – wie geschaffen für den Advent. Gerade für diese geschäftig hektische Zeit, die doch so nach Ruhe schreit.
Eine Zeit, die verlangsamt werden will, heilsam ziellos gemacht werden will.
Eine Zeit die entschleunigt werden will um mein Leben unter die Lupe zu nehmen und genauer zu betrachten als sonst: Wohin renne ich eigentlich, für wen rackere ich mich ab, für was kämpfe ich denn? Wovor habe ich Angst, worauf hoffe ich? Advent heißt Ankunft. Lange hab ich gemeint ich, ich muss etwas tun, damit sich auch religiös etwas bei mir tut. Damit ich irgendwo ankomme. Bis ich gemerkt habe, das ist genau falsch. Religion hat nichts mit Leistung zu tun. Es hat lang gebraucht bis ich mir erlaubt habe, gerade im religiösen Bereich nichts zu tun, sondern zu lassen, zuzulassen und loszulassen. Zu lernen, dass nicht ich etwas tun muss um anzukommen, sondern zu lassen, damit etwas bei mir ankommen kann.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=293
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