SWR3 Gedanken

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05SEP2019
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Mutter-Teresa - mir ist sie zum ersten Mal in der Schule begegnet, in einem knatternden 16-Millimeter-Film im Reli-Unterricht. Es war uns ein bisschen unangenehm zu sehen, wie sie die Schwerkranken anfasst und sogar umarmt. Das Elend wurde im Film so hautnah gezeigt, dass ich fast meinte, den Geruch aus den indischen Slums noch in der nächsten Stunde in der Nase zu haben. 

Ich erinnere mich daran, dass die Stimmung in unserer Klasse nach dem Film geteilt war: einerseits haben wir uns ein bisschen geekelt, und gleichzeitig haben wir die Frau im weiß-blauen Sari auch bewundert. Wie sie zupackt, ohne jegliche Angst und dabei meistens auch noch lächelt. Man hat ihr angesehen, dass sie die Menschen – oder was von ihnen übrig war – bedingungslos geliebt hat. 

Mit 36 Jahren hat Mutter Teresa ihren Orden gegründet, die „Missionarinnen der Nächstenliebe“. Die Schwestern haben Totkranke von der Straße geholt und in eigens eingerichtete Sterbehäuser gebracht. Dort haben sie wenigstens für ein paar Stunden oder Tage noch die Wärme und Liebe der Schwestern gespürt. Mutter Teresa hat gesagt: „Sie haben gelebt wie die Tiere. Da sollen sie wenigstens sterben wie Menschen.“ 

Viele Menschen hat interessiert: Woher nimmt diese Frau die Kraft und die Motivation für das was sie tut? Mutter Teresa hat darauf geantwortet: „Ich tu´s für Gott.“ Sie ist Gott nicht so sehr durch Überlegen oder spirituelle Erfahrungen näher gekommen, sondern ganz konkret und hautnah in jedem Menschen auf den Straßen von Kalkutta. 

Ein englischer Journalist hat Mutter Teresa einmal beobachtet, als sie eine stinkende Wunde versorgt hat. Und erschrocken hat er gestanden: „Schwester, nicht für eine Million Dollar würde ich das tun!“ Mutter Teresa hat nur lachend geantwortet: „Ich auch nicht!“

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