SWR3 Gedanken

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06AUG2019
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Der Philosoph Theodor Adorno ist heute vor 50 Jahren verstorben. Er musste wegen den Nazis in die USA auswandern. Und das hat sein Leben seiner Meinung nach kaputt gemacht. Er hat gesagt: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ Denn so richtig wohlgefühlt hat er sich dort nicht, in seinem „falschen Leben“ im Exil.

 

„Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ Ich finde, Adorno hatte damit irgendwie Recht. Ich lebe ja auch sozusagen in einem „falschen Leben“: Wenn ich Auto fahre, trage ich meinen Teil zum Klimawandel bei. Wenn ich Kaffee trinke, unterstütze ich damit vielleicht dass irgendwo Regenwald abgeholzt wird. Wenn ich in sozialen Netzwerken aktiv bin, bekommen große Medien-Konzerne immer mehr Daten von mir und ich habe keine Ahnung, was sie damit in Zukunft alles anstellen können.

„Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ Das klingt für mich aber auch fast zu heftig, weil ich denke, „richtiges Leben“ geht doch auch irgendwie. Wenn ich unter Freundinnen und Freunden bin und ich mich mit ihnen pudelwohl fühle, dann ist das für mich zum Beispiel „richtiges Leben“. Und nach solchen Momenten sehne ich mich, von denen will ich mehr. Mir persönlich hilft dabei auch ein Spruch von Jesus: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ – das ist für mich eine der Formeln für richtiges Leben. Das fordert mich zwar ganz schön heraus, wenn ich mir vorstelle, wem ich den lieben langen Tag alles begegne, aber klar: Jesus hat damit auch keine Formel für ein leichtes Leben ausgegeben, sondern für „richtiges“ und intensives und gutes Leben. Und egal wie bescheuert die Umstände sind – wenn es dann klappt mit der Nächstenliebe, weiß ich, ja, das war jetzt genau richtig!

Theodor W. Adorno: Minima Moralia – Reflexionen aus dem beschädigten Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29196
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