SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Es tut gut, wenn sich ein Fürsprecher findet. Wenn ich selbst nicht mehr die richtigen Worte finde und nur noch stottern oder stammeln kann.

Oder wenn es einem die Sprache ganz verschlagen hat. Stumm vor Schreck. Geschockt von einer Nachricht. Einem Schicksalsschlag. Gut, wenn sich in solchen Situationen ein Fürsprecher findet.

Fürsprecher: das Wort klingt ein wenig aus der Zeit gefallen. Aus Zeiten als Hierarchien noch undurchlässiger waren. Man könnte denken. Als erwachsener Mensch braucht man keine Fürsprecher mehr. Wir sprechen für uns selbst. Wir stehen für uns selbst ein und müssen uns nicht vertreten lassen.

Andererseits: Anwälte zB. sind doch professionelle Fürsprecher vor Gericht. Und es kann sehr ratsam sein, in einem Prozess den Anwalt für sich sprechen zu lassen. Ich vermute, Fürsprecher gibt es auch heute häufiger als man denkt.  Wir nennen sie anders. Aber es bleibt gut, dass wir Menschen Fürsprecher füreinander sein können.

Ich habe es vor kurzem von einem Bekannten bestätigt bekommen. Er hat eine schwere Diagnose bekommen. Freunde und Kolleg*innen haben ihm versichert, dass sie an ihn denken.

Er hat sich dafür sehr bedankt und geschrieben: „Es ist sehr gut, zu wissen, dass mich gute Gedanken und Gebete begleiten. Grade wo ich selbst nicht beten kann.“

Solange wir in existenzielle Situationen kommen, die einem die Sprache verschlagen. Solange braucht es Fürsprache und Fürsprecher.

Ich ahne, wie es ihm gehen könnte. Er braucht seine Kraft, um sich der Therapie zu stellen und auszuhalten, was sie ihm zumutet. Beten geht im Moment nicht. Vielleicht hat die Krankheit ihm Gott fremd werden lassen. Was soll er einem Gott sagen, der ihm so etwas zumutet. Ich ahne, dass man in Situationen kommen kann da verschlägt es einem die Sprache und Gott scheint ganz weit weg.  Dann können Fürsprecher guttun, vielleicht auch deshalb, weil sie Gott in der Nähe halten, wenn man ihn selbst nicht mehr findet.

Mich erinnert das an einen Satz von dem Theologen Karl Barth. Der hat gemeint. „Es gibt eine Gottlosigkeit des Menschen, es gibt aber .. keine Menschenlosigkeit Gottes.

Ich verstehe ihn so: Menschen erleben Dinge, da kann ihnen der Glaube fremd werden. Gott verschwindet. Sie haben nicht mehr die Kraft, zu vertrauen, dass Gott für sie da sein könnte. Aber Karl Barth meint, Gott kann uns wohl abhanden kommen. Aber wir ihm nicht. Auch darum ist es gut, wenn Fürsprecher da sind, die von Gott reden und mit ihm.

Zitat aus Interview mit Christiane Tietz: 15.7. 2019
https://www.feinschwarz.net/karl-barth-ein-leben-im-widerspruch/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29141
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