SWR2 Wort zum Tag

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Das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler vor 75 Jahren ist gegenwärtig in aller Munde. Es gab wenig Widerstand gegen den Nationalsozialismus damals, aber es gab ihn – auch in der Kirche. Zum Beispiel in einem Mann wie Pfarrer Paul Schneider. Er hat gegen die unselige Vermischung von christlichem Glauben und nationalsozialistischer Ideologie den Mund aufgemacht. Für seine Kritik und dafür, dass er für die Opfer der Nazis Partei ergriff, kam er selbst ins Konzentrationslager.

Seinen Mut bewundere ich. Jedes Mal, wenn einer der Häftlinge aus der Zelle zur Hinrichtung abtransportiert wurde, rief Paul Schneider laut: „Im Namen Jesu Christi bezeuge ich den Mord an meinem Mithäftling.“

Unermüdlich hat er seine Mithäftlinge ermutigt, dem täglichen Terror standzuhalten. Er hat ihnen Bibelworte zugesprochen. Er hat aus seiner Zelle heraus Andachten gehalten und gemeinsam mit den anderen Häftlingen gebetet und sie gesegnet. Man nannte ihn deshalb den „Prediger von Buchenwald“.

Paul Schneiders kurzes Leben ist von einer eindrücklichen Konsequenz und Aufrichtigkeit. Für seine Familie mag das nicht immer einfach gewesen sein. Gewiss war Paul Schneider unbequem. Der junge Pfarrer – zu Beginn der Naziherrschaft gerade mal 36 Jahre alt – verfolgte mit wachem und kritischem Blick, wie Deutschland unter der Herrschaft der Nationalsozialisten immer unmenschlicher wurde. Er empörte sich darüber, dass Juden unterdrückt wurden. Und er war nicht bereit hinzunehmen, dass sich die Nazis in die kirchliche Verkündigung einmischten.

Bei der Beerdigung eines Hitlerjungen im Jahr 1934 fiel Schneider einem NS-Funktionär ins Wort, als dieser den Gottesdienst für eine politische Kundgebung missbrauchen wollte. Es war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass Paul Schneider gegen den Nationalsozialismus die Stimme erhob. Er war sogar bereit, für sein kompromissloses Glaubensbekenntnis Folter und Tod auf sich zu nehmen.

Nach einer längeren Untersuchungshaft nahm die Gestapo Schneider im Oktober 1937 fest, um ihn ins KZ zu bringen. Vor 80 Jahren, am 18. Juli 1939, wurde Paul Schneider im Konzentrationslager Buchenwald ermordet. Er starb an den Folgen der Folter und ging als kirchlicher Widerständler und Märtyrer in die Geschichte ein – fünf Jahre vor dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944.

 

 

 

 

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