SWR2 Wort zum Tag

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Viele träumen davon – wie das wär – Millionär zu sein? Und wie kommt man soweit? Eine „Millionärin“ hat mir das vor kurzem „vorgeführt“:

 

Es war an einem sonnigen Tag in einem Freibad. Als die ältere Frau aus dem Schwimmbecken stieg, sagte sie Freude strahlend: „Jedes Mal, wenn ich aus dem Wasser steige, denke ich, ich bin eine Millionärin.“

Und das freilich nicht, weil sie an ihr Geld oder ihre Vermögenswerte gedacht hat. Es war ihre reine Freude an diesem Bad - gepflegt von vielen Ehrenamtlichen – seit 80 Jahren. Mit schönen Spielflächen, Umkleiden und einer Streuobstwiese. ((Der Ausblick auf ein nahe gelegenes Schloss tut ein Übriges.))

Ein kleines Schwimmbad in einer kleinen Kommune – von Bürgerengagement getragen – von vielen Ehrenamtlichen – Tag für Tag. Das alles nutzen zu können, das macht sie voll Freude zur „Millionärin“.

Wenn ich es mir recht überlege: Es ist im Grunde nicht nur das Hochgefühl einer Frau, die sich mangelnden Reichtum schönredet. Im Grunde  stimmt auch die Rechnung. Es ist „real“ etwas dran. Niemals könnte sie sich und niemals könnte ich mir so einen Pool privat leisten. Vermutlich nicht einmal als Millionär.

Abgeben und Zusammenlegen macht wohlhabend. Ganz gleich ob es Steuern, Abgaben oder gemeinschaftliche Leistungen sind. Sie können viele Menschen richtig reich machen - ganz gleich wie hoch ihr privates Einkommen ist.

So – heißt es – hat die frühe christliche Gemeinde in Jerusalem ihr Miteinander gelebt. „Alle hatten alles“ gemeinsam. Sie teilten Hab und Gut. Und niemand musste Mangel leiden. Freilich gab es damals auch Krisen, Verwerfungen, Enttäuschungen – sogar Unterschlagung. Auch davon erzählt Lukas in der Apostelgeschichte. Doch das Teilgeben und Teilhaben hat begeistert. Anders gesagt: Das war – so heißt es – eine Wirkung des Heiligen Geistes – ein Leben aus dem Geist von Jesus.

Wie gut, dass in unserem Land die ganz großen Erbschaften über Generationen hinweg Gemeineigentum sind. Wälder und Flüsse, Straßen und Schulen, Museen und Kunsthallen und vieles andere mehr. Auch Kirchen gehören dazu. Und wo solche großen Erbschaften privatisiert werden – da droht allen ein Verlust am gemeinsamen Reichtum.

Es lohnt, sich das einmal klar zu machen: Wie reich bin ich – gemeinsam mit so vielen anderen! Die „Millionärin“ aus dem Schwimmbad hat mir dafür die Augen geöffnet. Seither fühle ich mich wie ein mehrfacher Millionär. Ohne Anderen etwas wegzunehmen. Ein Millionär eben – wie Sie und ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29022
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