SWR3 Gedanken

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12JUL2019
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Sommerzeit – Urlaubszeit. Und in dieser Zeit bewegen sich wieder Millionen Urlaubs-Migranten Richtung Süden. Ja, ich habe das bewusst so gesagt: Urlaubs-Migranten. Also Menschen, die ihre Heimat verlassen, um in einem fremden Land das zu finden, was ihnen zu Hause fehlt. Ich weiß, jeder Vergleich hinkt. Und im Gegensatz zu den Migranten, die Zuflucht bei uns suchen, kehren die Urlaubs-Migranten wieder in ihre Heimat zurück. Trotzdem: Bei beiden Arten von Migranten geht es um existentielle Bedürfnisse. Bei den einen um Abstand von Alltag und Arbeit, um Erholung an Leib und Seele. Und bei den anderen um das nackte Überleben oder den Wunsch nach einem ähnlich guten Leben wie wir es haben. Migration gibt es seit es die Menschheit gibt. Und immer schon gibt es zwei Reaktionen darauf: abwehrend oder einladend. Nicht wenige von denen, die in Deutschland abwehrend reagieren, fürchten den Verlust an abendländischer oder deutscher Identität. Aber was ist das denn? Die Werte, die Deutschland in seinem Wesenskern ausmachen, sind fremdenfreundlich. Sehen den Fremden als unseresgleichen, denn unsere Geschichte ist auch eine Geschichte der Migration. Schon ein kurzer Blick in die Bibel, in das Buch, das unsere Kultur geprägt hat wie kein anderes, genügt: Das Volk Israel zieht aus Ägypten durch die Wüste ins gelobte Land, Josef und Maria flüchten vor dem Kindermord des Herodes und Jesus selbst war ein heimatloser Wanderprediger. Und ohne die Migration von Maria Magdalena, Petrus, Paulus oder Jakobus hätte sich das Christentum nicht in Europa ausgebreitet. Von ihnen allen lernen wir, dass menschliches Leben, Zusammenleben, immer geprägt ist von Not und Hoffnung, von Wagnis und Aufbruch. Dass kein Zaun, keine Mauer und kein Meer den Drang nach einem guten Leben in Freiheit aufhalten kann.

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