SWR2 Wort zum Tag

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Todesanzeigen lesen, morgens am Frühstückstisch -  Ein bisschen voyeuristisch ist das schon:
Man wird in die Intimität einer Familie mit hineingenommen, erfährt die Namen aller Kinder und Enkel. Und etwas davon, wie andere Menschen zum Sterben und zum Verstorbenen stehen. Da ist dann in einem Satz ein ganzes Leben zusammengefasst. Das Wort „fröhlich“ kommt dabei eher selten vor. Ausnahme: Die Todesanzeige, die ich vor ein paar Wochen entdeckt habe. Da hieß es von einem verstorbenen Richter aus dem Bayern:  „Er zog aber seiner Straße fröhlich“.  Ein Satz aus der Bibel.

Die Geschichte dahinter ist ganz simpel: ein Mann aus Äthiopien, von Beruf Kämmerer, ein Mann, der mit viel Geld zu tun hat, reist in seiner Kutsche und liest dabei in der Heiligen Schrift. Aus Langeweile, auf der Suche nach Wahrheit, das erfahren wir nicht. Und ihm geht es wie vielen: er liest und versteht nichts. Solange, bis einer der Apostel sich zu ihm in die Kutsche setzt, und ihm alles erklärt. Dass es in dieser Schrift um Jesus geht, sein Leben, sein Leiden und dass dies alles Erlösung, Befreiung von Angst und Sorge für die Menschen bedeutet, die an ihn glauben. Also auch für ihn, den Kämmerer.

Der Kämmerer aber, vielleicht weil er wenig Zeit hatte, vielleicht weil er einfach ein Mensch der Tat war, lässt die Kutsche am nächsten Wasser halten, und sagt: „Wenn das so ist - Was hinderts, dass ich mich taufen lasse?“ Gesagt, getan – nach der Taufe geht´s sofort weiter mit der Kutschenfahrt. Vielleicht pfiff er eine kleine Melodie, ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte er gewiss, er saß entspannt zurückgelehnt im Wagen. Und dann heißt es von dem frisch Getauften: „Er zog aber seine Straße fröhlich.“ Ein fröhlicher Getaufter, dem sein Glaube gut tut. Und der dankbar dafür ist, dass er hier auf der Erde „seine Straße fröhlich“ ziehen kann. Glaube tut gut. Er entlastet, er schafft Vertrauen und Zuversicht ein ganzes Leben lang.

Man kann einiges gegen die Naivität des Glaubens vorbringen und vieles gegen seine Fröhlichkeit und Unbeschwertheit . Die Wirklichkeit, die Welt, so wie sie ist und wie sie einem  aus jeder Tageszeitung auf den Seiten Politik, Wirtschaft und Finanzen entgegenblickt: eher selten, dass einen da eine Nachricht fröhlich stimmt.  Der Kämmerer aus Äthiopien und der Richter aus Bayern sind ihren Weg durchs Leben dennoch fröhlich gegangen, dank ihrer Taufe und ihrem dem Glauben.  Und vielleicht auch dank der Tatsache, dass die Wirklichkeit immer noch der einzige Ort ist und bleibt, an dem man sich in die Sonne setzen kann, an der man den Sommer sehen, hören und riechen kann - an dem man getauft und befreit „seine Straße fröhlich ziehen kann“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28931
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