Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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25JUN2019
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„Was ist denn mit Deinen Augen los?“ fragt mich eine Freundin. Ja stimmt, ich sehe auf einmal so schlecht. Beim Augenarzt heißt es dann: Eine Operation wird es richten. Aber ich bin nachdenklich geworden: Sehen können – das scheint mir so selbstverständlich. Als es nicht mehr so gut geht,  wird mir erst bewusst, was ich eigentlich an meinen Augen habe. Ich sehe sie selber nicht, aber für mich sind sie so etwas wie das Tor zur Welt. Ein unglaublich wichtiger Sinn. Während blinde Menschen sicher besonders gut hören und riechen können, geht bei mir vieles über die Augen. Sie ermöglichen mir jede Sekunde einen Zugang zur Welt. Und meistens nehme ich das ganz selbstverständlich hin.

Unsere Sprache kennt Worte, die das Schöne am Sehen ausdrücken: Augenschmaus und Augenweide zum Beispiel. Ich denke daran, was ich gerade jetzt im Sommer so gerne sehe: das satte Grün, Sonnenauf- und Sonnenuntergänge, Blumen.

Augen sehen aber auch Schmerzhaftes. Manchmal möchte man da die Augen lieber feste zumachen. „Ich guck da nicht hin“, sagt meine Tochter oft zu Recht. Aber auf Dauer ist es nicht gut, die Augen zu verschließen vor schlimmen Dingen. Das klappt auch nicht. Was wir sehen, das können wir gar nicht immer steuern. Aber egal, ob Schönes oder Schlimmes – es sind in der Tat nicht nur die Augen, die sehen.

Der Schriftsteller Antoine Saint-Exupéri, der diese Woche Geburtstag hat, hat gesagt „Man sieht nur mit dem Herzen gut: Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Für mich ist das eine Einladung, meinen Blick  zu schärfen für das, was so kostbar ist im Leben. Die Augen mögen schlechter werden, aber das Herz kann immer tiefer sehen, schärfer - und dankbarer.

Ein hoffnungsvoller Blick nach innen und außen hilft mir in trüben Zeiten. Erkennen, was jeder Tag uns schenkt – mit offenen Augen und offenem Herzen.

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