SWR3 Gedanken

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29JUN2019
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Wie oft habe ich schon an Gott gezweifelt. Meistens dann, wenn ich einen Brass habe auf die Welt oder aufs Leben. Wenn ein Zyklon gerade über die ärmsten Länder fegt. Oder wenn jemand viel zu früh stirbt. Oft habe ich das Gefühl, Gott tut nichts gegen die schlimmen Dinge auf der Welt. Oder er ist nicht da, wenn´s mir schlecht geht.

Diese Frage, wo Gott ist, wenn´s drauf ankommt, die stellen viele Menschen. Und eine brauchbare  Antwort ist total schwierig. Mir helfen dabei drei Aspekte.

Der erste heißt: Als Gott den Mensch erschaffen hat, hatte er nicht die Idee einer gesteuerten Marionette, sondern die eines ebenbürtigen und freien Partners, mit dem er in Beziehung treten kann. Denn die freiwillige Liebe zählt so viel mehr als die erzwungene. Aber Freiheit heißt eben auch, dass sich Menschen gegen Gott entscheiden. Dass sich Menschen gegen Menschen entscheiden, dass sie sich gegen das Klima oder gegen das Leben entscheiden. Das ist der Preis der Freiheit.

Der zweite Aspekt: Viele Dinge werden erst klar, wenn ich sie in einem größeren Zusammenhang sehe - das Universum ist so groß. Ich als Mensch sehe Ursache und Wirkung meistens in meinem beschränkten Umfeld, kann aber nicht ermessen, wozu etwas noch gut sein könnte. Das Bild eines gewebten Teppichs ist da hilfreich. Von hinten sehe ich da nur ein chaotisches Gewirr aus Fäden und Farben. Wird der Teppich aber umgedreht, bekommen alle Knoten und offenen Enden plötzlich den Sinn eines Musters.

Und dann hilft mir noch ein dritter Aspekt: Da ich nicht alles verstehen kann, bleiben einfach Fragen. Und manchmal muss ich mich auch bei Gott beklagen, meinen Frust rausschreien, das haben viele bereits vor mir getan. Sogar Jesus hat am Kreuz noch geschrieben: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Und trotz all dem halte ich fest an ihm. Und ich hoffe, dass er mich nicht hängen lässt, wenn´s drauf ankommt.

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