SWR3 Gedanken

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28JUN2019
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Ich habe einen Text gelesen über Gott und Vollmilch. Erst mal hab ich ihn überhaupt nicht kapiert. Vielleicht geht´s Ihnen anders. Der Text geht so: „Gestern Gott getroffen. Wir standen an der Kasse, er kaufte Milch, Eier und Käse. Mein Blick blieb an der Milchtüte hängen. Es war Vollmilch. Eigentlich klar“*

Hä? Mir war erst mal gar nichts klar. Warum kauft Gott Vollmilch? Immerhin hat mich der Text zum Nachdenken angeregt. Es hat gerattert bei mir, und dann habe ich mich an eine Stelle im Neuen Testament erinnert gefühlt. Da sagt Jesus: „Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt, und es in Fülle habt.“ Seitdem ist unter Theologen oft vom „Leben in Fülle“ die Rede. Aber ist damit Vollmilch gemeint?

Warum nicht. Es passt jedenfalls gut zu meiner Vorstellung von Gott: Gott ist fett. Sogar fetter als 3,8 %, er ist 100 %. Er kann alles möglich machen, er kleckert nicht, er klotzt.

Das sehe ich, wenn im Frühjahr die Knospen aufspringen, wenn die Wiesen blühen, wenn ich sehe, wie viele Arten von Tieren, Fischen und Insekten es gibt. Wenn ich ein Schwarzwald-Panorama genieße, wenn ich in den Bergen bin oder an einem endlosen Sandstrand. Wenn ich frische Morgenluft einatme oder wenn ich mit Freunden am Lagerfeuer sitze. Wenn ich Saxofon spiele oder frischen Rhabarberkuchen esse. Wenn mich leichter Sommerregen trifft oder wenn mein kleiner Sohn mich anruft. Wenn ein Herbststurm an mir rüttelt oder wenn ich mich nach einem langen Tag todmüde aufs Bett fallen lasse.

 „Leben in Fülle“ meint wohl ein „erfülltes Leben“. Das muss nicht vollgestopft sein mit Luxus oder Wellness. Die Dinge, die mich erfüllen, sind meistens eher klein und manchmal übersehe ich sie sogar. Deshalb ist es gut, wenn ich danach Ausschau halte.

*zitiert aus: Susanne Niemeyer: 100 Experimente mit Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28908
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