SWR3 Gedanken

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26JUN2019
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Ein Ringkampf kann spannend sein. Ein Ringkampf mit Gott wohl eher nicht, denn Gott schlägt alle - könnte man meinen. In der Bibel wird von so einem Kampf erzählt, der aber völlig unerwartet ausgeht.

Jakob hat vor Jahren seinen Bruder übers Ohr gehauen. Es war so schlimm, dass der Bruder ihn dafür umbringen wollte. Jakob konnte gerade noch fliehen. Aber nach vielen Jahren zieht es Jakob zurück in seine Heimat. Er hat zwar Angst vor seinem zornigen Bruder, aber die Sehnsucht nach zuhause ist einfach größer.

In der Abenddämmerung kommt Jakob an den Fluss, der ihn noch von seiner Heimat trennt. Und plötzlich – wie aus dem Nichts – ist da ein Mann der ihn angreift. Die beiden schenken sich nichts und kämpfen die ganze Nacht. Als der Morgen dämmert sagt der Angreifer zu Jakob: „Jetzt lass mich endlich los“, und gibt ihm voll einen aufs Hüftgelenk mit. Jakob stöhnt auf und presst heraus: „Ich lasse dich nicht los, erst musst du mich segnen.“

Der Angreifer sagt: „Du sollst ab jetzt „Gottesstreiter“ heißen, denn mit Gott und Mensch hast du gestritten und gesiegt.“ Und dann segnet er Jakob tatsächlich. Jakob ist fix und fertig und froh und sagt zu sich: „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davongekommen.“ Dann zieht er hinkend der aufgehenden Sonne und seiner Heimat entgegen.

Was für eine Geschichte! Sie steht dafür, wie es ist, wenn man mit Gott ringt. Oft ist es ein Suchen, ein Hadern. Und manche werden dabei auch enttäuscht und tragen Blessuren davon. Was ich aber mitnehme aus der Geschichte ist: Es lohnt sich zu kämpfen, es lohnt sich zu zweifeln. Und vielleicht lohnt es sich auch, verletzt zu werden. Denn in all dem kann Gott sich zeigen. Manchmal als ein zäher Partner, manchmal kompromissbereit. Aber am Ende – da steht der Segen.

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