SWR3 Gedanken

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23JUN2019
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Jesus hat ein Gleichnis erzählt, das immer wieder für Empörung sorgt. „Das ist doch ungerecht!“, sagen die Leute. Jesus und ungerecht? Das passt doch irgendwie nicht, oder?

Das ungerechte Gleichnis geht so: Ein Herr geht auf Reisen und vertraut sein Geld drei Dienern an. Einem gibt er fünf, einem zwei und dem letzten ein Talent Silber. Das war ein Haufen Geld. Ein Talent sind ca. 60 Kilo Silber, heute wären das 25.000 Euro pro Talent.

Der erste Diener erwirtschaftet zu den fünf Talenten noch weitere fünf dazu. Auch der Zweite kann das Kapital verdoppeln: Aus zwei Talenten macht er vier. Der Dritte ist ein bisschen risikoscheu. Er gräbt ein Loch und versteckt das Geld.

Schließlich kommt der Herr zurück. Voller stolz präsentieren die ersten beiden Diener ihre 100 % Dividende und werden über den Klee gelobt. Der dritte  stammelt etwas kleinlaut: „Herr, ich wusste, dass du streng sein wirst, wenn ich´s verbock. Deshalb habe ich das Geld lieber eingegraben. Aber immerhin: Hier hat du alles unbeschadet wieder.“ Der Herr ist daraufhin stinksauer und sagt: „Du bist schlecht und faul. Ich nehme dir das Talent weg und gebe es dem ersten.“

Puh, hört sich nach Kapitalismus in Reinform an: Der am wenigsten bekommen hat, muss es auch noch an den Reichsten abgeben. Will Gott etwa, dass die berühmte Schere zwischen arm und reich immer größer wird? Eigentlich hat sich Jesus doch für das Gegenteil eingesetzt: die Schwachen stark machen.

Deshalb deute ich das Gleichnis so: Reichtum verpflichtet. Wer viel hat, der soll auch viel geben. Jesus wollte vielleicht damit sagen: Wenn du viele Fähigkeiten hast, dann ist das ein Hinweis darauf, dass Gott dir besonders viel zutraut: Gehe gewinnbringend mit ihnen um. Ob du ein Talent hast oder viele – setzte sie ein zum Wohl der Menschen.

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