SWR2 Wort zum Tag

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„Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse“. Sagt der kleine Prinz im Buch des französischen Autors Saint-Exupéry. Wie, denke ich, Sprache sollte doch eigentlich Mittel der Verständigung sein?

Aber meine Erfahrung zeigt mir, Sprache ist ein unvollkommenes Werkzeug. Immer wieder erlebe ich das. Bei Diskussionen fliegen sehr schnell die Fetzen. Bis man sich irgendwann fragt: reden wir überhaupt über dieselbe Sache?

Nein, tun wir meist nicht! Nehmen wir die Frage: was ist Wahrheit? Der Polizist, der einen Unfall aufnimmt, versteht unter Wahrheit etwas völlig Anderes als der Arzt am Krankenbett, der mit einem Patienten über seine Diagnose spricht. Der Naturwissenschaftler denkt bei Wahrheit an das überprüfbare Ergebnis seines Experiments. Und der Pfarrer an den Satz Jesu: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Damit die Sprache nicht die Quelle aller Missverständnisse bleibt, müssen wir uns also zusammensetzen und klären: was meinst Du, wenn Du so sagst, was Du sagst? Mit welchen Erfahrungen, guten und schlechten, sind die Worte, die Du gebrauchst, gefüllt? Dann kann es im besten Fall passieren, dass mein Gegenüber irgendwann sagt: Ja, jetzt verstehe ich dich!

So ähnlich stelle ich mir das Wunder von Pfingsten vor, damals in Jerusalem. Da kamen Menschen zusammen aus völlig unterschiedlichen Sprachwelten. Und doch geschah es, dass sich alle plötzlich verstanden. Eigentlich kaum zu glauben!

Die Bibel spricht in solchen Fällen vom Wirken des Heiligen Geistes. Der fährt wie ein Sturm hinein in die menschliche Sprachverwirrung. Und bläst, was an Sprach- und Denkbarrieren im Raum steht, weg wie dicke Luft.

Plötzlich schauen sich alle verwundert an. Aha, sagen sie ungläubig, eben haben wir noch wild durcheinander geredet. Und plötzlich verstehen wir uns. Ist das nicht ein Wunder?

Damals in Jerusalem wusste zunächst niemand, wie es weitergehen sollte mit der Geschichte Jesu. Man spürte nur, es lag etwas in der Luft. Eine gespannte Aufmerksamkeit. Eine gemeinsame Neugier, die wie ein aufgespanntes Segel wirkte. In das dann der Wind des heiligen Geistes hineinfahren konnte. Und bald hieß es für die Gemeinde: volle Fahrt voraus!

Was ich daraus lerne? Aufmerksamkeit füreinander, Neugier, Anteilnahme aneinander sind die Voraussetzungen. Dann schafft Sprache gegenseitiges Verstehen. Und kann Wunder wirken!  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28880
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