SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich sitze an einem warmen Sommerabend bei meiner Freundin auf dem Balkon. Ich bin ganz begeistert davon, wie schön sie diesen Balkon hergerichtet hat: Sie hat kleine Lampignons aufgehängt, einige Kräuter- und Blumentöpfe aufgestellt und eine Sitzecke eingerichtet, auf der wir es uns gemütlich machen. Ich sage ihr, dass sich das gerade wie Urlaub anfühlt. Sie grinst zufrieden und sagt, genau dafür hat sie so viel Arbeit in ihren Balkon gesteckt. Ihr Alltag ist momentan ganz schön anstrengend und ihr Balkon ist ihre kleine Oase. Da kann sie ausspannen und einfach mal nichts tun.

Einfach mal nichts tun – das hört sich echt gut an. Aber wann tut man das schon im Alltag so bewusst? In meinem Alltag hangel ich mich eher so an meinen ganzen Baustellen entlang: Familie, Job, Freundeskreis, Ehrenamt, Haushalt…und wenn ich ehrlich bin, dann mag ich meine Baustellen auch gerne. Ich möchte ungern auf eine davon verzichten. Ich bekomme dabei ja auch einiges zurück. Aber alles unter einen Hut zu bekommen, kostet viel Zeit und Kraft und manchmal auch starke Nerven. Deshalb ist es um so wichtiger, dass ich mir meine Auszeiten bewusst setze. So ein Kurzurlaub oder einen Tag ganz raus aus dem Trubel wäre natürlich nicht schlecht, aber lässt sich in der Realität nur selten organisieren und umsetzen. Deshalb finde ich, könnte mir auch so eine kleine Oase wie die meiner Freundin gut tun. Eine Oase, die nicht zum Arbeiten, für Kinderspiele oder organisatorische Telefonate da ist. Eine Oase nur fürs Nichtstun.

Ich denke sofort an unsere Terrasse – ein Fleckchen Zuhause, das wirklich viel zu selten benutzt wird und deshalb perfekt für meine kleine Oase ist. Ich krame die Hängematte aus dem Dachboden heraus und am allerwichtigsten: Trage mir in meinen Kalender einen Termin ein, und den nenne ich Nichtstun. Denn da treffe ich mich mit meiner kleinen Oase und kann endlich auch mal das erledigen, zu was ich sonst nie komme: nämlich nichts tun.

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