SWR2 Wort zum Tag

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Die Frage nach Gott bewegt Menschen immer schon. Auch deshalb, weil die Frage nach Gott auch die Frage nach dem Menschen ist: Wer bin ich? Was sind Ursprung, Sinn und Ziel meines Lebens?
Mit der Frage nach Gott und Mensch, so scheint es, kommen wir an kein Ende, bis heute und wohl auch in Zukunft nicht. Stellen wir uns diese Fragen persönlich, dann finden wir Anregungen in Philosophie und Theologie, aber auch in Erzählungen und Gedichten, die uns sagen: es lohnt sich, im Fragen fortzufahren, auch wenn wir dabei an kein Ende kommen. Es ist sinnvoll, den Horizont unseres Denkens und Lebens offen zu halten, das Suchen und Fragen nach einem letzten Sinn nicht zu begrenzen oder vorschnell zu beenden.
Religionen sagen uns darüber hinaus noch etwas anderes: Es ist geschehen und es geschieht immer wieder, dass Menschen in ihrer Suche nach Gott überrascht werden, dass sie etwas finden, was sie nicht gesucht haben, etwas, das sie oft sprachlos macht, etwas wie von oben, vom Himmel geschenkt.
Von einem solchen Erleben spricht die Französin Simone Weil. 1909 wurde sie in Paris geboren, 1943 starb sie mit 34 Jahren in England. Sie war Jüdin und Christin, Mathematiklehrerin und Philosophin. In einer ihrer Schriften sagt sie von sich - und sie sagt es uns: „Es gibt Menschen, die Gott näher zu kommen versuchen, wie jemand, der aus dem Stand möglichst hoch zu springen versucht, in der Hoffnung, dass er eines Tages, nachdem er jedes Mal ein wenig höher springt, endlich nicht mehr zurückfallen, sondern zum Himmel aufsteigen wird. Wir wissen, wie vergeblich das ist. Wir können auch nicht einen einzigen Schritt gegen den Himmel hinauf tun. Die Menschen, die mit beiden Beinen in den Himmel zu springen versuchen, sind von dieser Anstrengung ihrer Kräfte so sehr in Anspruch genommen, dass sie ihren Blick gar nicht mehr zum Himmel richten. Dabei ist es aber allein der Blick, der in dieser Sache etwas bewirken kann. Wenn wir lange Zeit den Himmel betrachten, steigt Gott hernieder und hebt uns empor. Er hebt uns mit Leichtigkeit empor wie der griechische Dichter Aischylos sagt: Das Göttliche ist mühelos. Es liegt im Heil eine Leichtigkeit, die für uns schwieriger ist als alle unsere Anstrengungen.“
Es geschieht: Gott steigt vom Himmel hernieder. Er hebt Menschen, die ihn suchen, empor, ohne Anstrengung, mühelos. Vielleicht denken Sie an dieses Bild, wenn Sie in einigen Tagen Weihnachten feiern und sich fragen, wie seine Botschaft zu verstehen ist. Suchen wird nicht beendet, Fragen nicht einfach beantwortet. Doch wer nach Gott Ausschau hält, kann sich unvermutet von ihm angesehen, angesprochen wissen, in einer Weise, die er - die sie - nicht erwartet hatte.
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