SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

08JUN2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Als unsere Emma noch klein war, gab es jeden Abend dasselbe Ritual. Wenn wir aus dem Zimmer gingen, rief sie uns drei Sätze nach: Gute Nacht, träum was Schönes. Du gehst in die Küche. Du gehst in die Küche? Über diesen Zusatz haben wir lange gegrübelt. Und schließlich kapiert: Die Emma will einfach sicher sein, dass wir noch da sind. Selbst wenn sie uns nicht sieht und nicht hört, sind wir in der Küche. Auf Abruf, in ihrer Nähe. Darauf hat sie sich verlassen. Und das hat ihr geholfen, ohne Angst die Nacht zu überstehen.

Seit Christi Himmelfahrt sind die Jünger Jesu in einer ähnlichen Situation. Der wichtigste Mensch in ihrem Leben ist gegangen, am Himmel verschwunden. Vorher hat er ihnen jede Menge gute Worte mit auf den Weg gegeben. Dass er zwar weg ist, aber noch irgendwie da. Dass sie nicht alleine sind, auch wenn er weg ist. Das haben sie alles gehört. Aber hören und glauben, sind eben zweierlei Dinge.

Jetzt ist er weg. Und die Jünger sind sich ganz und gar nicht sicher, wo er ist. Und vor allen Dingen haben sie keine Ahnung, was aus ihnen werden soll. Sie fühlen sich verlassen, verloren. Und das ist kein gutes Gefühl. Ähnlich wie bei der Emma, wenn abends das Licht ausgeht. Sind die noch da, die auf sie aufpassen, sie lieben, sie beschützen? Oder ist aus den Augen dann doch aus dem Sinn?

Morgen feiern wir Pfingsten. Das ist der Tag, an dem Gott seinen Geist auf die Erde schickt. Der unsichtbar auch durch Nacht und Dunkelheit trägt. Damit Menschen sich nicht mehr verloren und von allen guten Geistern verlassen fühlen müssen. Damit ich ruhig schlafen und mutig leben kann. Weil ich ja weiß: Gott ist da, in meiner Nähe, auf Abruf. So wie bei der Emma, die ja auch weiß: Die, die für sie da sind, sind nie weiter weg als in der Küche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28763
weiterlesen...