SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

22MAI2019
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Sich fahren lassen oder sich tragen lassen – das ist ja eigentlich ein schönes Gefühl. Jedenfalls finden kleine Kinder das meistens klasse, wenn Papa oder Mama sie auf dem Arm herumtragen oder im Kinderwagen herum fahren. Voller Vertrauen können sie sich dem überlassen.

Gott hat durch einen Propheten seinen Menschen ausrichten lassen, dass er sie in schwierigen Situationen tragen wird. In der Bibel kann man das nachlesen:

„Bis ins hohe Alter bin ich es, der euch trägt. Ich habe es getan, und ich werde euch tragen, und ich will euch halten und euch retten.“ (Jes 46,4).

Der Dichter Jochen Klepper hat dazu ein Lied geschrieben, es steht in unserem evangelischen Gesangbuch: „Ja ich will euch tragen, bis zum Alter hin…“ Viele singen das gern. Das Versprechen: Wenn ich allein nicht weiter kann, dann trägt mich Gott, – das tut vielen gut.

Andererseits: Es ist gar nicht so leicht, sich helfen zu lassen.

Wenn unsere Konfirmanden das Altenheim in unserer Gemeinde kennenlernen sollen, dann üben sie auch, einen Rollstuhl zu schieben. Ein Konfirmand setzt sich in den Rollstuhl hinein, und ein anderer schiebt ihn durch den Flur. Mir fällt auf, dass sich unter den Konfirmanden schnell jemand findet, der das Rollstuhlschieben üben mag. Im Rollstuhl sitzen, obwohl das doch so viel bequemer ist, – das mögen die Jugendlichen gar nicht so gerne. Und sie können es auch nicht einfach nur genießen.

Man muss ja einiges von der Kontrolle über die Situation abgeben. Man muss sich einem anderen überlassen. Ich finde, das ist nicht einfach: Die meisten Menschen haben es lieber, wenn sie die Situation im Griff behalten. Mir geht das auch so.

Aber fast jeden plagt doch auch die Angst: Irgendwann schaffe ich es vielleicht nicht mehr allein. Eine Krankheit, oder das Alter – es kann schnell gehen. Wie gut, dass Gott verspricht: „Ich will euch tragen.“
Ihm kann ich mich überlassen. Ihm kann ich mein Herz ausschütten, wenn mir alles zu viel wird. Bei ihm kann ich seufzen, wenn es mir schwerfällt, mich tragen zu lassen.

Das erleichtert. Und ich weiß Gott wird mir dafür ein tapferes Herz geben und Geduld, auch in schwierigen Zeiten. Und vielleicht kann ich dann spüren: Sich tragen lassen, das ist nicht einfach – aber es ist schön.

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