Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“
Das ist der zentrale Satz im heutigen Sonntagsevangelium. Matthäus erzählt darin von der Rückkehr der Heiligen Familie aus ihrem Exil.
Josef war mit Maria und dem kleinen Jesus nach Ägypten geflohen, um dem Kindermord des Herodes in Bethlehem zu entgehen.
Geschichtswissenschaftler und Theologen sind sich heute weitgehend darin einig, dass die Flucht nach Ägypten kein historisches Faktum ist. Darum geht es dem Evangelisten Matthäus auch gar nicht. Ihm kommt es auf eine Botschaft an: Von Anfang an steht Gott auf der Seite Jesu.
Deshalb warnt er Josef vor den Nachstellungen des Tyrannen in Jerusalem. Erst nach dem Tod des Herodes kann die Familie zurück ins Land der Väter.
„Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“. Matthäus zitiert mit diesen Worten bewusst den Propheten Hosea aus dem Alten Testament. Die Gemeinde, für die Matthäus sein Evangelium schreibt, besteht zum größten Teil aus Christen, die zuvor Juden waren. Daher ist ihnen das Zitat wohlbekannt. Mit dem „Sohn“ war das Volk Israel gemeint. Wie fürsorgliche Eltern hatte Gott für sein Volk gesorgt: „Als Israel jung war, gewann ich es lieb,“ (Hos 11,1) liest man bei Hosea.
So wie Gott vor Zeiten die Kinder Israels aus der Sklaverei Ägyptens befreit und durch die Wüste geführt hatte, so geleitet er nun den erstgeborenen Jesus aus Ägypten ins Gelobte Land. Mit Jesus hat ein neuer Auszug in die Freiheit begonnen. Jesus ist der neue Mose.
Deutlich arbeitet Matthäus in seinem Evangelium die Parallelen heraus. Mose entging nur knapp den Mordplänen des Pharao, Jesus denen des Herodes. Mose speiste das Volk in der Wüste, Jesus die tausenden in Galiläa. Mose empfing die göttlichen Gebote auf dem Gipfel des Sinai, Jesus verkündet sein Programm in der Bergpredigt.
In Jesus, so die Botschaft des Matthäus, hat Gott den endgültigen Retter gesandt.
Im Evangelium liest sich das so: „Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ (Mt 2, 15)

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