Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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23APR2019
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Kurz vor der zentralen Haltestelle in der Mainzer Innenstadt macht unser Busfahrer eine Durchsage: „Für alle, die hier aussteigen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Passen sie auf sich auf und bleiben sie gesund. Und genießen sie das wunderbare Wetter heute.“ Für einen Moment bin ich wie vom Donner gerührt. Die Haltestellen werden längst digital angekündigt. Er hätte also gar nichts sagen müssen. Aber es scheint ihm wichtig zu sein. Der Mann da vorne meint das ernst!

Für mich ist der Tag damit ein guter Tag geworden.  Das ist er zwar auch dann, wenn mir etwas gut gelungen ist. Wenn ich ein Projekt im Büro erfolgreich gemanagt habe. Oder wenn ich endlich mal dazu gekommen bin, meine Obstbäume im Garten zu schneiden. Doch am schönsten sind Tage, an denen mir fremde Menschen völlig unverhofft freundlich oder liebevoll begegnen. Einfach so. Sicher, beim Einkaufen an der Kasse höre ich das öfter mal „Schönen Tag noch“. Aber: „Passen sie auf sich auf, bleiben sie gesund“, von einem Busfahrer, den ich gar nicht kenne? Mit einem Lächeln im Gesicht bin ich aus dem Bus ausgestiegen, und habe gemerkt: Ich bin damit nicht alleine.

Manchmal kann es ganz einfach sein, einem fremden Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern und ihm seinen Tag zu einem guten Tag zu machen. Man muss die anderen Menschen nur mögen, was – zugegeben – nicht immer so einfach ist. Aber das ist es, was ich mit dem kleinen biblischen Satz „Liebe deinen Nächsten“ verbinde. Keine steile moralische Forderung, kein erhobener Zeigefinger. Vielmehr eine Lebenshaltung. Und damit mir die gelingen kann, ist die zweite Hälfte dieses Satzes ganz wichtig: „Liebe deinen Nächsten … wie dich selbst.“ Wenn ich mich nämlich selber schon nicht ausstehen kann, werde ich auch dem anderen kaum freundlich begegnen. Darum an dieser Stelle einen herzlichen Dank an alle Busfahrerinnen und Schaffner, die sich und ihren Job lieben und mich daran ein bisschen teilhaben lassen.

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