SWR2 Wort zum Tag

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Was ist Heimat? Der Ort, an dem man sich zuhause fühlt? Oder die Gegend, aus der man stammt? Baut man sich Heimat im Laufe eines Lebens auf? Oder bekommt man sie in die Wiege gelegt?

Das Neue Testament erzählt in einer Ostergeschichte für mich auf eindrückliche Weise, was Heimat bedeutet und wie sie entsteht. Die Geschichte findet sich ganz am Ende des Johannesevangeliums. Nach dem Tod Jesu in Jerusalem waren seine Freunde und Schüler zurückgekehrt an den Ort, von dem sie herstammten und von dem aus sie einst aufgebrochen waren: an den See Genezareth in Galiläa.

Vor Jahren hatten sie sich in einem beispiellosen Enthusiasmus einem Wanderprediger namens Jesus angeschlossen, alles liegen und stehen lassen – damals. Was folgte, war aufregend. Vieles hatten sie erlebt mit Jesus, auch viel von ihm gelernt, über das Leben, über die Menschen, über Gott. Er war ein packender Erzähler, ein begnadeter Redner und ein begabter Therapeut für Leib und Seele.

Doch leider hatte er auch zahlreiche Feinde. Die brachten ihn am Ende zur Strecke. Die Freunde und Schüler flohen – resigniert, enttäuscht, verzweifelt. Was liegt da näher als dort wieder anzuknüpfen, wo man einstmals aufgehört hatte.

Auch Simon kehrte zurück nach Galiläa und ging seinem alten Beruf nach: er war Fischer. Die Erzählung aus dem Johannesevangelium schildert die Orientierungslosigkeit und Leere des Lebens von Simon und seinen Gefährten im Alten. Sie sind zwar wieder dort angelangt, wo sie herkamen, doch Herkunft allein bietet noch keine Heimat. Sie erleben sich zuhause wie in der Fremde – und ihre Netze bleiben leer.

Erst die unverhoffte Begegnung mit einem geheimnisvollen Fremden, der sie an ihren Freund Jesus erinnert, ja, in dem sie mehr und mehr Jesus erkennen, lässt ihr Leben neu werden. Und das wird dann auch für Simon die entscheidende Erfahrung: Er hatte Schuld auf sich geladen, und diese Schuld wird ihm nun vergeben, von jenem geheimnisvollen Fremden, der eigentlich niemand anderes sein kann als Jesus selbst, auferstanden von den Toten. Mit dieser Begegnung eröffnet sich für Simon eine neue Lebensperspektive. Erkennbar auch an seinem Namen, denn von nun an heißt er Petrus.

Heimat ist nicht einfach nur der Ort, von dem man herstammt. Heimat – das ist für mich: einen Ort zu bekommen, an dem man neu anfangen darf.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28526
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