SWR3 Gedanken

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24APR2019
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Silvia heißt nicht Silvia. Aber ich will sie so nennen. Im vergangenen Jahr war sie im Gefängnis. Vier Wochen lang. Jemand hatte ihr Portemonnaie geklaut mit ihren Ausweispapieren drin. Dieser Jemand ist schwarzgefahren, wurde erwischt, hat Silvia die Schuld in die Schuhe geschoben.

Silvia lebte in dieser Zeit in einer Unterkunft für Wohnsitzlose. In der Unterkunft hat Silvia oft nicht ihre Post bekommen. Auch nicht die Mahnungen: Sie sollte Strafe zahlen für das Schwarzfahren. Irgendwann stand die Polizei bei ihr vor der Tür, weil sie die Strafe nicht bezahlt hat, nicht reagiert hat auf die Mahnungen.

Sie wurde verhaftet, abgeführt und ins Gefängnis gebracht. Silvia hat sich so geschämt, dass sie fast niemand informiert hat. Keiner konnte ihr helfen. Erst als sie herauskam hat sie alles erzählt. Die Scham ist tief in ihr Leben eingesickert.

Aber dann hat sie Stück für Stück wieder Mut gefasst. Sie war jeden Sonntag im Gottesdienst, oft zweimal. Sie freut sich an den Begegnungen. Dass sie da einfach ganz normal sein kann. Dass da immer jemand ist, der ihr zuhört. Sie fühlt sich angenommen, spielt mit den Kindern. Sie sucht Nähe, Umarmung, Ermutigung. Und sie hilft gerne mit, bei Festen kocht sie Kaffee und hilft in der Spülküche. Alle kennen sie und unterhalten sich mit ihr.

Jetzt hat sie tatsächlich eine Wohnung und einen Job. Strahlend sitzt sie neben der Kirche auf der Wiese und erklärt: „ich freu mich schon so, weil  morgen Montag ist. Da kann ich wieder arbeiten gehen“. Ein neues Leben – eine Auferstehung!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28520
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