SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Abschied nehmen. Loslassen. Das Leben, seine Freunde, die Schönheit der Welt, auch das, was schwierig und böse war. Kann man das auch bei Jesus lernen? Der Abend heute an Gründonnerstag ist in der Kirche ganz vom Abschiednehmen geprägt. Jesus weiß, dass es jetzt ganz schnell gehen wird. Er spürt förmlich den Tod. Die Bibel überliefert in den vier Evangelien, wie Jesus sich einstellt, was er noch alles tut, bevor er die Zügel aus der Hand geben muss. Der Gründonnerstag-Abend endet damit, dass er gefangen genommen wird, seinen Weg nicht mehr selbst bestimmen kann. Wie das bei Abschieden so ist, zumal wenn sie endgültig sind.

Mir kommt es aber auf das an, was Jesus davor tut. Wie er seinen Abschied gestaltet, regelrecht inszeniert. Er versammelt seine Jünger um sich, den engeren Kreis. Er will den Abend mit ihnen verbringen. Wie bei einem Fest. Mit gutem Essen und Wein und vertraulichen Gesprächen.

Am Beginn des Abends setzt er ein erstes Zeichen. Er wäscht den anderen die Füße. Und bringt damit zum Ausdruck, was ihm immer besonders wichtig gewesen ist: Die normalen gewohnten Verhältnisse auf den Kopf zu stellen. Die eingespielten Gesetze gegen den Strich zu bürsten. Deshalb kniet er sich hin und übernimmt das, was sonst der Letzte von allen, der Hausdiener tun würde. Er bittet seine Jünger, diese Geste nicht zu vergessen. Sie sollen es später genauso machen. Jesus ist überzeugt: Nur so lässt sich etwas ändern, zwischenmenschlich, hin zu mehr Liebe.

Dann kommt das Abendessen. Die Stimmung ist feierlich, aber auch erregt. An einer Stelle ergreift Jesus das Wort und formuliert sein zweites Vermächtnis: Tut dies zu meinem Gedächtnis, sagt er. Er bittet seine Freunde also, noch etwas gut im Kopf zu behalten. Dass der Tod ihn nicht auslöschen wird. Dass er künftig das Brot und der Wein sein wird, wenn sie das Mahl feiern. Ein geheimnisvolles Versprechen ist das. Für viele Christen aber ein großer Trost bis heute.

Inzwischen ist der Abend fortgeschritten. Die Stimmung ist ins Traurige umgeschlagen. Bevor die Falle zuschnappt, in die Jesus gehen muss, will er noch einmal beten, mit Gott allein sein. Sein Herz ist so voll, voller Trauer und Hoffnung. Es bleibt offen, ob er wirklich Trost gefunden hat.

Das sind drei bemerkenswerte Schritte, wie man Abschied nehmen kann: Anderen noch einmal einen Liebesdienst erweisen. Einen festlichen Abend gestalten, dabei sagen, was einem wichtig ist. Und sein Leben in Gottes Hand legen. Für mich ist der Gründonnerstag ein besonderer Abend. Ich hoffe, auch einmal so Abschied nehmen zu können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28503
weiterlesen...