SWR3 Gedanken

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04MAI2019
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Meine Freundin Britta ist Tierärztin. Über das Leben mit eigener Praxis und Familie sagt sie: „Der Job ist sowas wie eine Berufung. Da kannst Du nicht um 17:30 Uhr einfach gehen, weil jetzt die Arbeitszeit rum ist. Da musst Du auch mal abends, am Wochenende oder sogar nachts raus. Deshalb haben wir das AuPair-Mädchen bei uns. So schaffen wir das.“

Ich kenne einige Tierärzte wie Britta. Die mit Leib und Seele für ihre tierischen Patienten da sind. Ich hab sie schon oft genug für die Pferde gebraucht.

Ich vermisse das bei den Ärzten für die Menschen manchmal. Ich will auf keinen Fall über Ärzte schimpfen. Ich bin so froh, dass es sie gibt und ich sehe, dass sie unter einem Riesendruck stehen. Alle Seiten zerren an ihnen: Krankenkassen, Patientinnen und die Abrechnung.

Werden sie dann im Laufe ihres Berufslebens so? Vielleicht auch so gemacht?

Tierärzte kann ich rund um die Uhr anrufen. Mein Hausarzt Gott sei Dank auch. Ich kenne aber auch so viele Menschenärzte, gerade Fachärzte, da warte ich erst mal zwei Monate auf einen Termin und wenn ich dann da bin, werde ich weiter verwiesen, weil jetzt gerade die Untersuchung nicht im Budget ist. Dabei geht es ja manchmal nur darum, zuzuhören, genau nachzufragen und dann am richtigen Schräubchen zu drehen.

Ich kenne einen Arzt, der so arbeitet. Der sich Zeit nimmt und tatsächlich auch per Email am Wochenende erreichbar ist. Und es stresst ihn überhaupt nicht. So will er arbeiten. So versteht er seinen Job. So ist er zufrieden. Und ich als Patientin bin es natürlich auch.

Nachdem Britta mir von sich erzählt hat, denke ich immer wieder darüber nach, was es Ärzten so schwer macht, da zu sein.

Ganz sicher brauchen sie mehr Freiraum von den Kassen. Das ist ja manchmal wie ein Knebel. Und wir brauchen grundsätzlich viel mehr Ärztinnen und Ärzte. Dann können sich Patientinnen und Patienten auf viele Schultern verteilen und es ist mehr Zeit. Mehr Zeit, ganz da zu sein.

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