SWR3 Gedanken

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02MAI2019
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Im Berliner Tagesspiegel gibt es eine Rubrik mit besonderen Nachrufen. Da findet man zum Beispiel diesen hier auf Waltraud Rusch. „Jeden Tag eine gute Tat, das muss drin sein“, hat sie gesagt und „zu Hause nur so im Sessel rumsitzen, das geht ja überhaupt nicht. Wenn jemand Hilfe gebraucht hat, wenn jemand im Urlaub war, Waltraut war zur Stelle, Pakete annehmen, Schlüssel aufbewahren, Blumen gießen und mit Vierbeinern Gassi gehen.“

Nachrufe für Verstorbene kenne ich eigentlich als kleine Anzeigen in der Zeitung - von Firmen oder Vereinen. Sie stehen bei den Todesanzeigen.

Die Nachrufe im Tagesspiegel sind anders. Es sind ganze Artikel über verstorbene Berliner. Sie erscheinen immer freitags. Dabei geht es nicht um bekannt oder unbekannt, sondern um interessant. Beim Tagesspiegel heißt es: „Wenn Sie vom Ableben eines interessanten Berliners erfahren, über den wir einen Nachruf schreiben können, melden Sie sich bitte bei uns.“

Ich finde diese Rubrik toll. Zum einen weil die Geschichten der Menschen so spannend sind. Jedes einzelne Leben ist ein Buch wert. Ich könnte stundenlang lesen, wie und was die einzelnen so waren. Der Tagesspiegel schafft es, ganz nah am Menschen zu schreiben, liebevoll und manchmal mit einem Augenzwinkern. Das ist für mich Leben pur - auch wenn es um Verstorbene geht.

Was mich noch begeistert: Da wird das Leben gewürdigt. Das finde ich so wichtig. Ich feiere selbst Beerdigungen und bei der Ausbildung haben sie uns diesen Satz ins Stammbuch geschrieben: „Jedes Leben ist es wert, gewürdigt zu werden.“ Es ist völlig egal, was sie in ihrem Leben gemacht, erreicht oder verloren hat. Wem er was getan hat oder eben nicht. Am Ende ist jedes Leben es wert, gewürdigt zu werden.

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