SWR3 Gedanken

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15APR2019
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Meine Tochter Gloria ist in der KiTa und von dort bringt sie so einiges mit nach Hause.

Manchmal die wildesten Geschichten, was andere Kinder alles machen und vor allem, was sie alles dürfen.

Letzte Woche hat mir Gloria allerdings eine Story erzählt, die hat mich ins Nachdenken gebracht. Gloria hat erzählt, dass das neue Kind in ihrer Gruppe aus einem Land weit weg kommt. Das Mädchen heißt Seeham. O-Ton Gloria: „Mama, in dem Land schießen sie mit echten Pistolen. Und da sind ganz viele Häuser und Autos kaputt, weil sie so viel schießen.“ Pause. Dann erzählt Gloria weiter: „Und Seeham musste ganz weit laufen. Und dann ist sie in einem kleinen Boot über einen riesigen See gefahren.“

Puh. Jetzt sind die Geschichten mit den Flüchtlingsbooten also auch bei meiner vierjährigen Tochter angekommen. Im ersten Moment bin ich unsicher. Muss das sein, dass Gloria mit ihren vier Jahren diese Fluchtgeschichten schon so genau kennt?

Ich überlege nicht lange und spreche die Erzieherin von Gloria auf die Geschichte von Seeham an. Sie merkt, dass ich unsicher bin und sie erklärt mir, wie sie das als Profi sieht. Was man Kindern alles zutrauen kann und was lieber nicht. Die Erzieherin sagt: „Kinder können viel verstehen. Auch die schwierigen und schlimmen Sachen, wenn man sie kindgerecht erklärt. Wir machen das ganz bewusst, denn Kinder lernen da so viel: sich in andere hineinzuversetzen. Oder Mitleid empfinden. Das kennen alle Kinder: wie man sich fühlt, wenn man etwas Schwieriges durchhalten muss. Und manche können sogar sagen, wie sie sich danach fühlen. Irgendwie stärker oder erleichtert oder stolz.“

Soweit die Erzieherin.

Jetzt bin ich überzeugt. Man sollte es behutsam machen und es sollte jemand dabei sein. Aber dann kann es auch eine Chance sein, wenn die Geschichten von Krieg und Flucht auch bei unseren Kindern ankommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28464
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