Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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13APR2019
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Organspende ist in der Diskussion. Verschiedene Gesetzesentwürfe werden diskutiert. Mit dem einen Ziel: Mehr Organspenden.

Was kaum noch jemand weiß: Lange Zeit hatte die Katholische Kirche ein Problem mit der Organtransplantation. Zu Anfang lehnt sie Lebendorganspenden, etwa einer Niere, ab. Das Argument: Man tastet hier ohne zu Heilen den Körper an. Zumindest den Körper desjenigen, der eine Niere gibt.

Später wandelte sich die Argumentation. Jetzt galt die Organtransplantation als Tat der Liebe. Als Akt der Nächstenliebe. Eine nachvollziehbare These. Ich spende als Lebender oder Sterbender Organe an Menschen, damit sie weiterleben können oder ein sehr viel besseres Leben haben.

Doch das Argument mit der Nächstenliebe ist nicht ganz so einfach. Das Gebot „Liebe deinen Nächsten“ steht erstmal für eine innere Haltung, zu der ich finden kann. Mit einer moralischen Pflicht hat das nichts zu tun. „Liebe deinen Nächsten“ kann mich befreien, nicht nur um mich zu kreisen, sondern den anderen zu sehen.

Nächstenliebe kann ich dann auch so verstehen, dass ich meine Organe spende. Auch aus einer christlichen Haltung heraus. Sie kann sich aus dem Gedanken speisen, dass meine Organe anderen Menschen zum Leben verhelfen. Und es verdient alle Hochachtung, wenn jemand das so sagen kann. Es gibt aber keine unbedingte moralische Verpflichtung zur Organspende aus dem Gebot der Nächstenliebe. Auch weil dieses Gebot einen wichtigen Zusatz enthält: „Liebe deinen Nächsten – wie dich selbst“. Nächstenliebe heißt also nicht Aufopferung um jeden Preis. Ich muss und soll auch Rücksicht auf mich selbst nehmen. Nur so, wenn ich den anderen und mich sehe, kann ich in Freiheit und ohne schlechtes Gewissen entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen ich nach meinem Tod meine Organe geben will. Oder ob sich meine Nächstenliebe in ganz anderen Handlungen äußert.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28457
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