Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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11APR2019
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Wenn ich mit anderen über meinen Glauben diskutiere, dann erlebe ich oft ein Entweder-oder. Entweder ich glaube oder ich glaube nicht. Entweder ich bin sicher, dass es Gott gibt, dass mein Leben einen Sinn hat, dass ich Hoffnung haben darf, oder es gibt eben keinen Gott, für die Suche nach Sinn brauche ich den Glauben nicht und Hoffnung ist was für Dumme.

Mir ist das viel zu schematisch gedacht. Im Leben ist das ja auch nicht so. Ich vertraue darauf, dass meine Kinder auf einem guten Weg sind, ihr Leben Schritt für Schritt meistern. Und trotzdem habe ich manchmal Angst um sie. Mit meinen Geschwistern verstehe ich mich sehr gut, aber es gab auch andere Zeiten. Da wollten wir uns voneinander abgrenzen, waren sehr mit uns selbst beschäftigt. Auch hier: Kein Alles-oder-nichts, sondern ein Sowohl-als-auch.

Genauso erlebe ich meinen Glauben. Er verändert sich laufend. Verändert mich. Zum Beispiel hat sich mein Kinderglaube schon lange erledigt. Ich glaube nicht mehr, dass Gott die Welt in sieben Tagen gemacht hat oder dass die Texte über Jesus alle historisch wahr sind. Heute ist mein Glaube einer, der zum Beispiel die Texte der Bibel als Sinngeschichten versteht. Als Erzählungen über die wichtigen Fragen: Warum bin ich da? Hat das alles irgendwie Sinn? Gibt es Hoffnung?

Zum meinem Glauben gehören deshalb auch Zweifel, Fragen. Gehören Zeiten, in denen ich mir ganz und gar unsicher bin. In denen ich mich ungläubig fühle. In denen ich nicht spüre, dass Gott wirklich ist und dass ich mir keine Sorgen machen muss.

Ich erlebe das als Herausforderung, es mit dem Glauben zu versuchen. Nicht als Entweder-oder, sondern als Sowohl-als-auch mit all seinen Schattierungen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28455
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