SWR2 Wort zum Tag

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Den ganzen Donnerstag vor zwei Wochen  war Wikipedia geschlossen – das deutsche Internet-Lexikon. Protest gegen das neue Europäische Urheberrecht. Schwarze Seite statt Lexikon über alles, was die Menschheit weiß… Und Protest gegen die in Brüssel; die haben es dann doch beschlossen trotz der UploadFilter, die nach Zensur klingen...

Stop – warum muss ausgerechnet Wikipedia streiken? Die sind doch doppelt raus aus dem Spiel. Einmal, weil sie gemeinnützig sind – wer sie unterstützt, kann das als Spende steuerlich geltend machen. Und schon deswegen müssten sie sich um urheberrechtlich geschützte Bilder und Videos und Töne und Text eigentlich keine Sorgen machen.

Und außerdem ist Wikipedia raus, weil sie schon immer strikt darauf achten, dass ich wirklich nur Bilder und andere Medien hochlade, die mir wirklich gehören oder zu denen ich jedenfalls die Rechte besitze. Und das kontrolliert die Wikipedia-Community auch ziemlich sorgfältig. Also alles in Ordnung, oder? Nein, fand der Vorstand von Wikipedia: Wir müssen uns gerade deswegen  dafür einsetzen, dass das Internet offen bleibt für alle und ohne Zensur und am liebsten umsonst.

Heiliger Isidor, habe ich gedacht. An den erinnert übrigens heute die katholische Kirche: Isidor von Sevilla, Bischof und Kirchenlehrer um das Jahr 600 herum; ein großer Theologe – und einer der letzten Menschen, die angeblich alles wussten, was Menschen wissen können. Universalgelehrter. Theologe, Autor und Herausgeber von Lexika und Sammlungen zu allen möglichen Themen.  Und deswegen ist er auch offizieller Schutzpatron des Internets.

Hätte er, wenn man genauer hinschaut,  heute wohl keine Chance mehr, zu werden. Denn seine Sammlungen und seine riesigen Wissensschätze hatte Isidor natürlich aus allen möglichen Quellen zusammengefunden. Weil Wissen ja genau so funktioniert: Was jemand herausgefunden hat oder erfunden oder aufgeschrieben, das soll allen zur Verfügung stehen. Und einer wie Isidor trägt genau dazu bei. Und Wikipedia doch auch:  Viele, irgendwie eigentlich alle, die was wissen, können es aufschreiben  und im weltweiten Netz mit allen anderen teilen.  Heute viel viel leichter als im sechsten Jahrhundert, als sie alles noch von Hand aufgeschrieben und abgeschrieben  und weitergegeben haben!

Irgendwie muss das doch beides zusammen hinzukriegen sein: Das Wissen der Welt gehört einerseits allen, ohne Zensur; und Schriftsteller und Journalisten und Fotografen und andere Künstler müssen auch von ihrer Arbeit leben können . Isidor von Sevilla – Patron des Internets, wie gesagt – heiliger Isidor, hilf!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28391
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