SWR2 Wort zum Tag

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Eine Seele von Mensch, war er gewiss nicht: der reiche Mann, von dem Jesus in einem Gleichnis erzählt. Eher einer, der nur seinen eigenen kurzfristigen  Vorteil im Blick hatte. Sich dabei aber langfristig verkalkuliert hat.

So geht die Geschichte, die Jesus erzählt: „Es war ein reicher Mann, dessen Feld hatte gut getragen. Da fragte er sich: Was mache ich nur? Ich weiß gar nicht, wo ich das alles unterbringen soll. Da beschloss er: Ich werde meine Scheunen abbrechen und größere bauen. Darin sammele ich dann das ganze Getreide und alles, was ich habe. Dann werde ich mich zurücklehnen und mir sagen: Liebe Seele, du hast ausgesorgt! Jetzt ruh dich aus! Lass es dir gut gehen! Iss, trink und genieße dein Leben!

Bis dahin läuft in der Geschichte alles normal. Wer zu viel hat, baut eben größere Vorratskammern. Wer Erfolg hat, sichert sich den für die Zukunft. Wessen Zäune zu durchlässig geworden sind, der baut sich eine große Mauer. Scheint vernünftig!

Doch dann gibt Jesus der Geschichte eine unverhoffte Wendung. „Wie kurzsichtig du bist“, sagt Gott zu dem Kornbauern, „diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; was ist dann mit allem, was du angehäuft hast?“

Maßlosigkeit macht die Seele kaputt. Sie zersetzt das Mitgefühl. Sie verstellt den Blick für die, die über keine großen Vorräte verfügen. Oder sich außerhalb des eigenen Grundstücks aufhalten.

Jesus erinnert mit dieser Geschichte an das, was Menschen - jenseits ihres Besitzes - miteinander gemeinsam haben: ihr endliches Leben. Und dieses Leben, versucht man es auch noch so sehr abzusichern, ist und bleibt verletzlich. Jeden Augenblick kann es zu Ende gehen.

Es wäre klug, Konsequenzen aus diesem Gedanken zu ziehen. Die Einsicht etwa, dass der Reichtum meines Leben nicht aus Gütern besteht, die sich durch Mauern schützen lassen.

Sondern aus geschenkter Zeit. Aus Stunden und Minuten, die ich einsetzen, verwenden und verschenken darf. Aus dem, was ich von mir abgebe an die, denen es fehlt.

Nein, eine Seele von Mensch muss ich nicht gleich werden. Aber ein Mensch mit Seele, das schon! Seele ist in der Bibel ein anderes Wort für Leben. Lebendig bin ich dann, wenn ich mich andern gegenüber öffne.

Darum kann ich mich bemühen. Und darum darf ich bitten. Vielleicht mit Worten wie diesen: „Ziehe meine Seele, Gott, zu dir! Und schenke mir ein weites Herz und offene Hände“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28343
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