SWR2 Wort zum Tag

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Fasten – das machen inzwischen viele und keineswegs nur aus religiösen Gründen, denn es ist unbestritten, dass Fasten gut tut. Der Körper wird dadurch gereinigt, und der Geist wird freier. In der Regel ist ja für uns nicht das „zu wenig“ ein Problem, sondern das „zu viel“. Deshalb können wir besser und glücklicher leben, wenn wir lernen, freiwillig zu verzichten. Wenn ich aus religiösen Gründen faste, dann geht es jedoch nicht nur um mich  sondern auch um mein Verhältnis zu den anderen und zu Gott. Wie können wir so leben, dass es für alle zu einem guten Leben reicht? Das gehört auch zur Fastenzeit: sensibler zu werden für die Menschen, die nicht das Glück hatten, in Sicherheit und Wohlstand geboren zu sein. Sie haben das gleiche Recht zu leben wie ich. Fasten und Almosen geben gehört daher in allen Religionen eng zusammen.

Für Christen kommt noch ein Drittes hinzu: Buße tun. Das klingt sehr angestaubt. Aber ich glaube, es ist sinnvoll, sich selbst und das eigene Verhalten immer wieder kritisch zu hinterfragen. Was ist mir eigentlich das Wichtigste im Leben? Woran hängt mein Herz? Was treibt mich an? Was lässt mich kalt? Aus christlicher Sicht kann Leben kann nur gelingen, wenn ich nicht nur um mich selbst kreise sondern die andern in ihrer Eigenart wahrnehme und wertschätze. Wenn ich den Nächsten liebe wie mich selbst. Dieser Weg führt auch zu Gott. Dabei ist ein sensibler Punkt, wie ich mit meiner Macht über andere umgehe. Beziehung braucht Respekt, Verantwortung und die Fähigkeit zur Selbstkritik.

Die Fastenzeit ist nicht nur eine Herausforderung für den Einzelnen, sondern auch für die Kirche insgesamt. Vor allem für die katholische Kirche sind Umkehr und Buße angesagt, denn der ungeheuerliche Missbrauch, die sexuelle Gewalt an Kindern und Abhängigen ist nicht nur die Tat von Einzelnen, sondern auch ein Versagen der Institution und ihrer Verantwortlichen. Ein Macht-Fasten ist unabdingbar geworden. Bei ihrer Frühjahrskonferenz haben die deutschen Bischöfe beschlossen, sich auf einen synodalen Prozess einzulassen und sich endlich den drängenden Anfragen der Gläubigen zu öffnen – nach dem Pflichtzölibat, nach der ungeteilten kirchlichen Macht, die sich im Klerikalismus äußert, nach der Rolle der Frauen und einer beziehungsförderlichen Sexualmoral. Ich hoffe, dass die Bischöfe ehrlich versuchen hinzuhören – auf die Menschen und auch auf Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28341
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