Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Teilen ist das neue Haben“. Ein wunderschöner Slogan. Wir müssen nicht mehr alle alles selber kaufen, sondern wir teilen. Das Auto teilen wir ebenso wie die Bohrmaschine. Ja selbst die eigene Wohnung teilen wir mit Touristen, wenn wir gerade anderswo in Urlaub sind. Fahrradverleiher und Autoverleiher helfen uns beim Teilen, auch Kleidungsvermieter und Zimmervermittlungen. Und wir schonen die Umwelt - und unseren Geldbeutel.

„Teilen“ - das klingt ethisch korrekt und macht ein gutes Gewissen. Dabei geht es eigentlich gar nicht ums Teilen. Es geht eher um Tauschen und Mieten. Ich habe kein eigenes Auto, sondern miete eines bei Bedarf. Meine vorübergehend leere Wohnung stelle ich anderen zur Verfügung, entweder zur Miete oder ich nutze im Tausch deren Wohnung.  All das kann im Einzelfall sinnvoll sein und tatsächlich unnötige Anschaffungen oder Umweltbelastungen vermeiden. Aber es ist nicht mehr als ein wirtschaftlich vernünftiges Verhalten.

Moralisch interessant wird es erst, wenn wir nach den eingesparten Kosten fragen. Also was mit dem Geld passiert, das ich spare, wenn ich auf ein eigenes Auto verzichte. Wenn ich es einfach nur in anderen Konsum stecke oder mir Autofahrten erlaube, die ich ohne Car-Sharing gar nicht machen würde, dann kann das  zwar immer noch wirtschaftlich vernünftig sein. Doch mit Teilen hat das nichts zu tun.

Die Bibel macht sehr deutlich, was sie unter Teilen versteht: „Wer zwei Gewänder hat, gebe eines dem, der keines hat. Und wer zu essen hat, handle ebenso,“ heißt es im Lukas-Evangelium. Da geht es nicht um Mieten und Tauschen, sondern um Hergeben. Da lindere ich die Not anderer, weil ich etwas endgültig hergebe - ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

„Teilen ist das neue Haben“. Aus biblischer Sicht stimmt das eigentlich erst, wenn ich das Geld, das ich durch Mieten und Tauschen eingespart habe, anderen Menschen gebe. Ohne Gegenleistung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28213
weiterlesen...