SWR3 Gedanken

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Im Januar war wieder Vesperkirche in Mannheim. Bis zu sechshundert Gäste kommen da jeden Tag. Wohnsitzlose, Suchtkranke, Rentnerinnen und Rentner. Sie bekommen Essen, Getränke, medizinische Versorgung und vor allem Aufmerksamkeit: Da ist ein Paar, sie sind sehr jung. Sie haben keine Wohnung. Jeden Tag versuchen sie, ein bisschen Geld zusammen zu bekommen, damit sie dann irgendwo sicher schlafen können.

Sie erzählt: ‚Die Leute behaupten: Wir wollten ja draußen schlafen. Aber das ist Blödsinn. Natürlich wollen wir eine Wohnung. Aber kein Mensch vermietet an Wohnsitzlose und wenn die uns sehen, wissen die auch, dass wir nichts haben. Wir haben keine Chance.‘ Es ist nicht leicht, wenn du erlebst, dass die Leute dir vor allem ansehen, dass du nichts hast und dann denken, dass du nichts wert bist. Es ist dann nicht leicht, überhaupt zu erzählen was los ist.

Diese beiden sind scheu, sie wollen keine Vorschriften oder gute Ratschläge. Ich höre aufmerksam zu. Das ist mir wichtig: immer wieder zuhören, so zuhören, dass jemand anfängt zu vertrauen. Dem Leben zu vertrauen. Damit ich vielleicht für sie telefonieren darf, einen Termin vereinbaren, so dass es wirklich Hilfe gibt. Und dann doch eine Chance, dem Leben wieder eine andere Richtung zu geben. Zuhören kann das ganze Leben verändern. Auch meins. Weil ich erkenne, wie verletzlich, wie bedroht das Leben ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28175
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