SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Vor 800 Jahren ist sie gestorben, aber ihre Gedichte sind so aktuell wie eh und je: die Begine Mechthild von Magdeburg war eine selbstbewusste Frau, mutig nahm sie zu Fragen der Zeit Stellung. Sie wusste sich nämlich von Gott selbst beauftragt und gesandt. Im Zentrum ihres Werkes stehen Liebesgebete, die uns ahnen lassen, was Weihnachten ist. Im betenden Zwiegespräch z.B. hört sie Gott zu sich sagen: „Du bist mein Lagerkissen, / Mein Minnebett, / Meine heimlichste Ruhe, / Meine tiefste Sehnsucht…“ (I, 19). Ein richtiges Liebesgeflüster zwischen Gott und diesem Menschen, eine innigste Verbundenheit. Diese gibt Mechthild offenkundig so viel Rückhalt und Gewissheit, dass sie dichten und öffentlich auftreten kann – nicht studiert wie sie war und keinem etablierten Orden angehörig. Welche Frau blüht nicht auf, wenn ihr Liebhaber ihr solche Komplimente macht, so zärtlich ist?
Was für ein Gottesbild, was für eine unmittelbare Gottesbeziehung. Mechthild sieht sich von ihm persönlichst angesprochen, umworben und geliebt: „Meine heimlichste Ruhe, / Meine tiefste Sehnsucht“ – das ist das eigentliche Aufregende, das wirklich Weihnachtliche an solchen Lebenszeugnissen: Gott selbst erscheint als eine Wirklichkeit, die um den Menschen wirbt und sich nach ihm sehnt. „Du bist eine Lust meiner Gottheit, / Ein Trost meiner Menschheit“ – sagt er zu Mechthild, sagt er zu uns Menschen. Da kommt ein förmlich bedürftiger Gott zur Sprache, ein werbender auch, verrückt müsste man fast sagen. Und Mechthild sagt von sich, sie sei minnesiech, liebeskrank.
Seit Weihnachten steht diese Botschaft im Raum: Gott und Mensch sind nunmehr so innig verbunden, wie es heißer Liebe entspricht. Der suchende Gott hat sein Ziel erreicht, der Mensch sieht sich gewürdigt wie nie: „Eine Lust meiner Gottheit, ein Trost meiner Menschheit“. Noch mal Mechthild: „An allem hat Gott genug, nur an der Seele des Menschen hat er nie genug“. So wichtig sind ihm Mensch und Welt, er kann nicht genug davon kriegen. Und umgekehrt der Mensch, mit den Worten Mechthilds: „Mir genügt nichts denn Gott alleine“. Alles andere ist dieser gottverliebten Frau natürlich wichtig, die Schönheiten der Welt und auch die Lasten des Alltags, aber in allem ist diese liebende Verbundenheit, diese göttliche Gegenwart. O-Ton Mechthild: „Du bist meine Augenweide, / Ein Verlust meiner Selbst / Ein Sturm meines Herzens, / … meine höchste Sicherheit.“ (I, 20).
Mechthild war gewiss eine ungewöhnlich liebesfähige und beziehungsstarke Frau; sie kopieren, wäre das Falscheste, was wir machen könnten. Aber mit ihr lernen, was Weihnachten ist und wie Christsein geht, das ist spannend wie eh und je. Sich von Gott lieben lassen und ihn lieben mit allen Kräften und den Nächsten wie sich selbst - …das wär’s!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2815
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