Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Schlimm, was für ein Unheil Religionen schon über Menschen gebracht haben!“ Aufgebracht erzählt mir der Mann, den ich besuche, was in seinen Augen schon alles Schlimmes durch Religion geschehen ist: Kriege, Verfolgungen und vieles mehr. In vielem kann ich nur zustimmen. Aber was davon hat wirklich mit Religion zu tun? Geht es nicht oft viel mehr um das Machtstreben von Menschen und nicht um Gott? Wir reden weiter über Religion und Gott und Glauben. Und stimmen bald überein: Vieles, was sogenannte religiöse Menschen machen, hat mit Gott oder Glauben gar nichts zu tun.

Religion und Frieden schließen sich nicht aus und Glauben und Toleranz sind keine Gegensätze! Im Gegenteil: wie oft hat sich Jesus gerade den Fremden zugewandt! Wie oft hat er Ärger gehabt, weil er sich mit Fremden mehr befasst hat als mit seinesgleichen und wie oft hat er daran erinnert, dass die Friedfertigen selig sind?

Für ihn war klar: Es ist nicht unser Part, zu kämpfen, zu beurteilen oder uns über andere zu erheben! - Der Mann, der sehr krank ist, sagt dann: „Glauben will ich ja schon. Auch, dass ich nicht Angst vor dem Tod haben muss. Aber ich habe mich immer gefragt: Wie kann ich an Gott glauben, wenn in seinen Namen so viel Unrecht geschieht?“

Was Menschen machen und was Gott will, das fällt sicher oft weit auseinander. Immerhin war dieses Gespräch für mich, die Pfarrerin, und für ihn, den Atheisten, eine gute Übung: Wir haben geübt, tolerant zu sein und über unseren Glauben zu sprechen, so unterschiedlich er auch sein mag: Denn er redet sonst nicht mit Kirchenleuten und ich will ihn ja vor allem verstehen und nicht überzeugen. Gemeinsam haben wir erlebt, wie wohltuend es ist, wenn verhärtete Fronten weich werden. Wie gut es tut, wenn gegenseitiger Respekt da ist und Verstehen beginnt. Dann bringt Religion kein Unheil, sondern dann ist das Reden über Glauben schon etwas Heilsames.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28129
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