SWR2 Wort zum Tag

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Heute vor 150 Jahren, am 13. Februar 1869, starb die erste Diakonisse Gertrud Reichardt. Sie steht für viele andere Frauen, die wie sie ihren Glauben in ganz besonderer Weise in der Lebens- und Glaubensgemeinschaft der Diakonissen leben. Pfr. Theodor Fliedner hatte Gertrud Reichardt gefragt, ob sie sich das vorstellen könnte. Nach anfänglichem Zögern trat sie eine Woche nach der Eröffnung des Diakonissen- und Krankenhauses im Düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth 1836 ein. Da war sie bereits 48 Jahre alt. Schon früh hatte sie im elterlichen Haushalt und bei der Erziehung ihrer 8 jüngeren Geschwister mithelfen müssen. Dann hat sie ihrem Vater und ihrem Bruder, die beide Ärzte waren, bei der Pflege der Patienten geholfen. So hat sie viel Erfahrung in der Krankenpflege und auch Seelsorge mit eingebracht.

Durch die katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen der Industrialisierung kamen immer mehr Menschen, z.T. ganze Familien, in Not, verwahrlosten, wurden krank. Dem wollte Gertrud Reichardt in ihrem Tun als Diakonisse entgegenwirken. Im festen Glauben am Gott und im selbstlosen Dienst für andere. So wie Jesus gesagt hat: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt Ihr mir getan“ (Mt 25,40). Ich finde das beeindruckend.

Etliche Mutterhäuser, so hat man die Lebensgemeinschaften genannt, in denen die Frauen zusammen gelebt und gearbeitet haben, wurden nach dem Vorbild von Kaiserswerth gegründet. Unverheiratete Frauen haben sich dort ausbilden lassen in Sozialberufe als Kranken- oder Kinderschwester. Ich denke, das war für viele in der damaligen Zeit eine echte Perspektive fürs Leben.

Früher gab es in fast jedem Ort eine Diakonisse. Vielleicht haben Sie noch selbst welche erlebt. Evangelische Schwestern, die sich um die Alten, Kranken und Hilfsbedürftigen gekümmert haben, in die Häuser der Familien gegangen sind und Ansprechpartner für jeden waren, der sie gebraucht hat. Die meisten sind mittlerweile recht betagt und verbringen ihren Lebensabend im Mutterhaus. Wie bei uns in Speyer.

Aber die Idee von Theodor Fliedner und Gertrud Reichardt lebt weiter fort. Inzwischen gibt es die „Diakonissen und Diakone neuer Form“, die im Haupt- oder Ehrenamt diakonisch tätig sind. Mit Familie, ohne Tracht aber trotzdem mit dem Mutterhaus als geistlichem Zentrum leben sie in besonderer Weise ihren Glauben in unserer heutigen Welt. Im Dienst am Anderen. Das finde ich richtig stark.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28113
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