SWR3 Gedanken

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Zehntausende kleine Klebezettel haben schon an der Wand einer Pizzeria in Amerika geklebt. Und jeder einzelne dieser kleinen Klebezettel ist in dieser Pizzeria ein Pizzastück wert gewesen. Obdachlose oder bedürftige Menschen dürfen sich hier einen dieser Zettel von der Wand nehmen und bekommen dann ein Pizzastück. Andere, die zuvor in der Pizzeria gegessen haben, haben das Pizzastück schon bezahlt. Auf vielen Zetteln stehen kleine Grüße wie „genieße es“, „miau“ oder auch „sei gesegnet“.

Manche, die so ein warmes Essen erhalten haben, haben sich bedankt. Es hängt zum Beispiel auch ein Pappteller an der Wand. Darauf steht: „Gott segne dich. Dank dir habe ich etwas essen können, das auf diesem Teller lag. Ich bin obdachlos, aber die Leute hier in der Pizzeria behandeln mich mit Respekt. Das ist wirklich ein Segen. Herzlichen Dank.“

Mich beeindruckt das. Denn das Wort Segen kenne ich gut. Als Pfarrer spreche ich am Ende von jedem Gottesdienst Gottes Segen zu. Die alten Worte, die ich dabei spreche, klingen für viele nicht richtig greifbar: „Gott segne dich und behüte dich. Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Gott hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“

Aber in der Pizzeria in Amerika, da wird lebendig, was diese Worte sagen. Wer auch immer diesen Pappteller beschrieben hat, hat das nämlich erlebt. Dieser eine Mensch wurde respektvoll behandelt, hat etwas zu essen bekommen und sich angenommen gefühlt. Was für eine großartige Erklärung für den Segenszuspruch in all den Gottesdiensten.

Und übrigens: Die Aktion mit den Klebezetteln hat ganz klein angefangen. Ein Kunde hatte mal gefragt, ob in der Pizzeria manchmal auch obdachlose Menschen essen würden. Und weil das so war, wollte er für den nächsten obdachlosen Gast ein Pizzastück im Voraus bezahlen. Das hat er gemacht und dafür wanderte der erste Klebezettel an die Wand.

Veränderungen beginnen im Kleinen. Und Gottes Segen womöglich auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28090
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