SWR3 Gedanken

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Abends schaue ich zurzeit häufig in Schränke, hinter Türen oder unter Betten. Unsere Kinder sind in der Phase, in der sie vor dem Einschlafen Angst haben. Denn im Schrank, hinter der Türe oder unter dem Bett könnte ja ein Monster sein. Und mit dieser Angst lässt es sich schlecht einschlafen. Also machen meine Frau und ich, was unsere und vermutlich unzählige andere Eltern auch schon gemacht haben. Wir schauen mit den Kindern in Schränke, hinter Türen und unter Betten. Und wir reden mit ihnen. So weicht die Angst und die aufgewühlten Seelen finden wieder Ruhe.

Über solche Geschichten zu schmunzeln fällt leicht, finde ich. Das Lächeln friert mir aber ein, wenn ich selbst mal Angst oder Sorgen habe. Und die Gründe, warum auch wir Erwachsenen Ängste oder Sorgen haben können, die sind ja vielfältig. Kinder bereiten manchen Eltern Sorgen. Wenn es auf dem Konto regelmäßig mau aussieht, können Existenzängste aufkommen. Oder wenn der Chef einem kündigt. Da kann die Angst aufkommen, wertlos zu sein. All das schlägt auf die Seele.

Manchmal kommt es mir so vor, dass wir Erwachsenen über solche Ängste und Sorgen lieber schweigen. Sie lieber unter den Teppich kehren. Das klappt aber nur, bis sich unter dem Teppich so viel angesammelt hat, dass alles herausplatzt.

Dabei glaube ich, dass kleine Kinder da ein Vorbild sein können. Sie sagen einfach nur: „Ich habe Angst!“ Eltern reagieren darauf, nehmen diese Angst ernst und helfen ihren Kindern. Zum Beispiel indem sie in Schränke schauen. Oder mit ihren Kindern reden. Ich glaube, es tut auch Erwachsenen gut, wenn sie das machen. Sich anderen anvertrauen, die vertrauenswürdig sind. Und mit ihnen gemeinsam unter den Teppich schauen. Dahin, wo die Angst sitzt. Und dann gemeinsam unterwegs sind, bis es der Seele wieder besser geht. Und sie mit der Angst umgehen können. Das ist für mich Seelsorge.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28087
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