SWR3 Gedanken

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„Wer sein Leben ändern will, der sollte anfangen, jeden Morgen sein Bett zu machen.“ Dieser doch merkwürdige Tipp kommt von einem früheren Kommandeur der amerikanischen Elitetruppen. Er meint damit, dass es wichtig sei, feste Rituale im Leben zu haben. Und das Bettmachen sei nun mal das erste am Tag. Denn Rituale, so der Ex-Admiral, geben dem Tag eine Ordnung. Und mit Ordnung im Leben werde ich am ehesten meine Ziele erreichen.

Ehrlich gesagt halte ich nicht viel von solchen Erfolgsratgebern, die inzwischen ganze Bücherregale füllen. Und besonders skeptisch werde ich, wenn sie aus dem militärischen Umfeld kommen. Trotzdem glaube ich, dass der Mann da auf etwas Wichtiges hinweist. Feste Rituale im Leben können tatsächlich Halt geben. Halt, der dann besonders wichtig ist, wenn das Leben droht, aus den Fugen zu geraten. Unwillkürlich musste ich da an meinen Schwiegervater denken. Nach dem Tod seiner Frau saß er auf einmal allein in seiner Wohnung. Um Küche und Haushalt hatte sich immer meine Schwiegermutter gekümmert. Wir Kinder waren in Sorge, ob und wie er das nun schaffen würde. Würde er sich nun hängen lassen? Langsam aber sicher verwahrlosen? Als das Begräbnis vorüber war, legte sich mein Schwiegervater eine Art Tagesplan zurecht. Jeden Morgen zur selben Zeit verließ er das Haus, dreht seine Runde durch den Ort, kaufte ein, schaute am Friedhof vorbei. Jeden Mittag zur immer selben Zeit machte er sich eine Mahlzeit warm. Manchmal haben wir uns darüber amüsiert. Fast schon zwanghaft kam uns das vor. Aber es waren genau diese täglichen Rituale, die ihn damals in schwieriger Zeit gerettet haben.

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