Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Das christliche Abendland ist wieder in aller Munde. Vor allem in der Debatte um Migranten und Flüchtlinge, die nach Europa kommen. Nicht wenige weisen darauf hin, dass Menschen aus Afrika und Asien eben nicht zum christlichen Abendland passen. Dabei wird völlig übersehen: Das Christentum selbst kommt aus dem Morgenland, aus dem Nahen Osten, aus Vorderasien also. Und ohne seine nordafrikanischen Impulse – vor allem aus Ägypten – wäre das Christentum ein völlig anderes.

Dafür steht zum Beispiel Antonius der Große. Antonius wächst im dritten Jahrhundert in einem ägyptischen Bauerndorf am Nil auf. Er arbeitet früh auf dem Bauernhof seiner reichen christlichen Eltern mit. Dann aber bricht er mit diesem Leben. Er liest in der Bibel den Satz „Wenn Du vollkommen sein willst, dann verkaufe alles, was Du hast, und gib es den Armen“. (Mt 19,21) Antonius macht diesen Satz zu seinem Lebensmotto. Er verkauft, was er hat, und zieht sich in die Wüste zurück. Studiert die Bibel, fastet, lebt als Einsiedler. Er sucht die Einsamkeit, um dem Glauben auf die Spur zu kommen. Aber er nimmt weiterhin Anteil an der Welt. So reist er nach Alexandria, um Christen zu unterstützen, die vom römischen Kaiser verfolgt werden. Er ergreift Partei für Arme und Gefangene. Er schreibt Briefe an die Mächtigen seiner Zeit und mischt sich ein.

Außerdem lassen ihn die Menschen nicht in Ruhe. Sie besuchen ihn, wollen seinen Rat oder hoffen, dass er ihre Krankheiten heilt. Immer mehr Anhänger bleiben bei ihm, bauen einfache Unterkünfte in seiner Nähe. So wird das christliche Kloster erfunden. Von Ägypten breitet sich dann der Klostergedanke aus, wird von anderen aufgegriffen und auch in Europa heimisch.

Wenn heute in der Katholischen Kirche an Antonius den Großen gedacht wird, dann kann auch daran gedacht werden, dass das Christliche Abendland keine europäische Erfindung ist. Sondern auch in Afrika seine Wurzeln hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27941
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