SWR2 Wort zum Tag

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Ein dreister Datenklau hat unlängst die Schlagzeilen beherrscht. Ein 20jähriger Schüler hat Politiker ausgespäht und private Informationen über sie öffentlich gemacht. Adressen, Telefonnummern, Fotos. Die Ausgespähten waren empört. Zu Recht. Privates wurde hier ohne ihre Zustimmung öffentlich gemacht. Denn wer Daten über Personen hat, übt durchaus auch Macht über sie aus.

Mir kam dabei ein Satz in den Sinn, den Jesus einmal zu denen gesagt hat, die mit ihm unterwegs waren: „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind!“ (Lukas 10,20). Name meint hier mehr als das, was mein Pass über mich festhält. Auch mehr als die Informationen, die in irgendwelchen Datenbanken über mich gespeichert sind. Wenn mein Name im Himmel geschrieben ist, dann stelle mir vor, dass ich mit meiner ganzen Person, meinem ganzen Wesen, mit allem, was mich ausmacht, im Blick bin. Nein, der Himmel ist ganz bestimmt kein Archiv, in dem über mich festgehalten wird, was ich irgendwann einmal gesagt oder getan habe, womöglich mit dem Ziel, mich bloßzustellen.

Ich will es noch einmal anders sagen. Wenn mein Name im Himmel geschrieben ist, kommt in den Blick, was mein Leben hier auf dieser Erde lebenswert und was mich für andere liebenswert macht. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass die Perspektive der Liebe ein ganz anderes Bild eines Menschen entstehen lässt als der erste Eindruck; anders auch als die Vorurteile, mit denen Menschen anderen Menschen begegnen. Der scheinbar teilnahmslos dreinschauende Schüler mit den Ohrstöpseln, der in der Straßenbahn für einen älteren Mann aufsteht und ihn anlächelt. Der junge Mann, der aussieht, als käme es ihm auf nichts anderes an als seine eigenen Interessen durchzuboxen, der in der Bahnhofsunterführung wortlos den Kinderwagen anpackt und die Treppe hochträgt und sich dabei vom Kind im Wagen sichtbar anrühren lässt. Das Ehepaar in der Nachbarschaft, dass in der Pflege der Mutter soviel an Zeit und Kraft investiert.

Diese Beobachtungen sind in keiner irdischen Computer-Datei verzeichnet. Sie können nicht ausgespäht werden. Sie werden selten einmal öffentlich wahrgenommen. Aber sie sind - in der Sprache Jesu – im Himmel aufgeschrieben. Dieser Himmel ist da, wo ich einen Menschen so in den Blick nehme, dass klar wird: Die Welt wäre ärmer, wenn es ihn nicht gäbe.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27940
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